Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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298 Die Nordostküste Australiens von Brisbane bis zum Kap York.

so weiter in der Nähe seiner Pfleglinge zerstören, Vögel abschießen, wenn er Erfolg haben will. Daß Schwärme unserer Honigbiene sich selbständig in diesen tropischen Gegenden halten und vermehren, wie sie es vielfach am Burnett gethan haben, hatte Asmus nie beobachtet.

Am zweiten Tage langten wir am Fuße des Mount Finnigan an, da wo unsere Dray in dem bergigen Terrain nicht weiter gekonnt, und meine Leute deshalb Halt gemacht und das Lager aufgeschlagen hatten. Wir befanden uns hier etwa 200 Meter über dem Meere. Die Gegend sah recht vielversprechend aus. In unserer nächsten Nähe befand sich ein schöner Urwald, der mir in der Folge manche Ausbeute besonders an Insekten geliefert hat. Unangenehm waren in diesem und den benachbarten Wäldern die zahlreichen Landblutegel, die man von beinah jedem Ausflug in größerer Anzahl an seinem Körper heimbrachte. Ich sammelte am Mount Finnigan viele Beuteldachse, Perameles macrura, und besonders viele Beutelmarder, Dasyurus hallucatus und Dasyurus geoffroyi, die hier bedeutend häufiger waren als am Burnett. Außerdem kommt noch eine erheblich größere Form vor, die die Leute als »tiger cat« bezeichneten, von der wir aber kein Stück erbeuteten. Vielleicht ist es Dasyurus maculatus, vielleicht auch eine neue, noch unbeschriebene Form.

Überall in unserer Umgebung entdeckten wir Spuren der Schwarzen, bekamen aber nicht ein einziges Mal einen zu Gesicht. Ich bedauerte das sehr, denn ich hätte gern wieder einige von ihnen als Jäger in meine Dienste genommen wie am Burnett. Die Schwarzen sind aber ohne Zweifel hier im Norden, wo die völlige Wildnis anfängt, und das Gesetz häufig nicht einmal den Willen hat, sie zu schützen, sehr eingeschüchtert, und wagten es nicht, sich vor Männern blicken zu lassen, die den ganzen Tag mit der Flinte herumstreiften. Wäre es doch nichts Unerhörtes gewesen, daß hier jemand einem Schwarzen, rein zum Spaß, eins aufgebrannt hätte. Im Süden geht so etwas jetzt nicht mehr ohne weiteres, und könnte für den Täter die unangenehmsten Folgen haben. Hier aber kräht noch kein Hahn danach. Überhaupt ist die Behandlung der Schwarzen seitens der Ansiedler das trübste Kapitel in der Kolonisation Australiens. Immer und überall dieselbe Geschichte. Die Weißen kommen und lassen sich in den Jagdgründen der Schwarzen nieder, die diesen doch seit undenklicher Zeit gehören. Sie errichten Paddocks, die die Schwarzen nicht betreten dürfen, sie züchten Rinder und Schafe, denen die Schwarzen nicht nahe kommen sollen. Dann geschieht es, daß diese einfältigen Wilden keinen Unterschied zu machen wissen zwischen


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003