Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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284 Die Nordostküste Australiens von Brisbane bis zum Kap York.

Spekulanten unter ihnen, und während meiner Anwesenheit wurde mit großem Pomp ihr neuerrichtetes Joßhaus eingeweiht, in dessen bunt und phantastisch ausgeschmücktem Innern diese ernsten Männer unter seltsamen Verbeugungen und Komplimenten drei ungemein häßlichen Götzen allerlei gekochte und ungekochte Nahrungsmittel anboten, während draußen auf dem Vorplatz unausgesetzt knatterndes, zischendes und stark riechendes Feuerwerk abgebrannt wurde. So ging es vom Morgen bis zum Abend, bis endlich die drei Götzen doch um ihre Mahlzeit kamen, da, soweit ich wahrnehmen konnte, ihre frommen Verehrer ihnen die Mühe abnahmen, das Liebesmahl zu essen und zu verdauen.

Den Australiern sind die Lebensgewohnheiten der Chinesen im höchsten Grade unsympathisch, und ihre Konkurrenz als geriebene Spekulanten und billige Arbeiter sehr unbequem. Dazu kommt, daß die Chinesen nicht im eigentlichen Sinne Kolonisten sind, sondern nach wie vor China als ihre Heimat betrachten, Australien aber nur als Land, in dem sie sich durch Arbeit und Betriebsamkeit bereichern wollen. Ihre Frauen bringen sie dorthin nicht mit, und was sie sich unter Entbehrungen zusammengescharrt haben, lassen sie nicht dort, sondern tragen es nach einiger Zeit in ihre alte Heimat zurück, um selbst sofort wieder durch jüngere Einwanderer ersetzt zu werden, die sich auch bloß vollsaugen wollen. Rechnet man hinzu, daß die Chinesen überall, wohin sie kommen, als die Verbreiter einer ekelhaften Unsittlichkeit und der gefährlichen Passion des Opiumrauchens auftreten, so kann man es den Australiern wirklich nicht übel nehmen, wenn sie sich gegen solche Gäste wehren. Man hat ein gutes Mittel darin gefunden, daß man durch Einwanderungszölle bis zur Höhe von 400 Mark pro Kopf das Eindringen der unbemittelten Chinesen, die natürlich das Gros bilden, unterbunden hat. Was noch dort ist, verschwindet mit der Zeit von selbst, da es früher oder später zum Mutterlande zurückkehrt. So wird Australien bald von dieser Invasion befreit sein und nur den Nachteil davon haben, daß damit die Hauptgemüsezüchter und Gartenbauer der größeren Städte verschwunden sein werden. Denn mit diesem bescheidenen Gewerbe gibt sich der Australier nicht gern ab, sondern überläßt es dem genügsamen Sohne des Reiches der Mitte.

Cooktown ist schön am Fuße eines granitischen Höhenzuges gelegen, des 1500 Fuß hohen, dicht bewaldeten Mount Cook. Nördlich über der Stadt erhebt sich der »Grassy Hill«, auf dessen Gipfel sich eine Signalstation befindet. Das ganze Küstengebiet ist hier ein wildes Bergland, ein vielfach gestörtes Sandsteingebiet, das von einer


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003