Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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280 Die Nordostküste Australiens von Brisbane bis zum Kap York.

Ich glaube aber, daß die Darwinsche Erklärung nicht nur für das große Australriff, sondern auch für viele andere Barrierriffe und Atolle, ja alle typischen Bildungen dieser Art zu Recht besteht, wenn auch zugegeben werden muß, daß unter Umständen ähnliche Bildungen durch die zufällige Konfiguration des Baugrundes, auf dem die Korallen arbeiten, zu stande kommen können, und daß die Erosion der abgestorbenen und nicht weiter wachsenden Teile des Riffes bei der Bildung mancher Lagunen eine bedeutende Rolle gespielt haben mag. Darwins Fehler war es vielleicht, zu einseitig ein einziges Erklärungsprinzip zu verwerten. Der ungleich größere Fehler seiner Kritiker und Gegner ist es, noch viel einseitiger dieses wertvolle Erklärungsprinzip zu verwerfen, weil es vielleicht für gewisse Fälle nicht paßt und unglücklicherweise von seinem großen Entdecker in der ersten Freude etwas zu weit verallgemeinert worden ist.

Zwischen Mackay am Pioneer-River und Bowen, zwei Städtchen von ganz tropischem Charakter, die es trotz ausgedehnter Zuckerrohrplantagen und zahlreicher Gold-, Silber-, Kupfer- und Zinnminen in ihrem Hinterland bis jetzt noch zu keinem rechten Gedeihen gebracht haben, bietet die Kanalfahrt große landschaftliche Reize. Der hier noch sehr breite Kanal ist durch eine große Anzahl dicht in ihn eingestreuter Inseln und Riffe beinahe verstopft, und in der Whitsunday-Passage gleitet der große Seedampfer langsam durch ein Gewirr prächtig bewaldeter, steil aus dem Meere aufsteigender Inseln und der schön geformten, gebirgigen Küste des Festlandes hindurch. Während das Schiff sich durch die enge Durchfahrt durchwindet, taucht eine mit tropischem Grün geschmückte Insel nach der ändern aus dem Meere auf, in so greifbarer Nähe, daß man nicht nur die anmutigen Konturen der Höhen, sondern jeden Baum, jede Pflanze erkennen kann. Es ist wie eine Wasserfahrt durch einen Wundergarten, wo jede Wendung des Schiffes ein neues reizendes Landschaftsbild hervorzaubert. Ebenso schön ist weiter nördlich die Fahrt durch den engen Hinchinbrook-Kanal zwischen Townsville und Cairns.

Townsville, die zukünftige Kapitale und gegenwärtig jedenfalls die wichtigste Hafenstadt von Nord-Queensland, liegt an einer langgestreckten, flachen Bucht, gegenüber der granitischen »Magnetinsel«. Die Stadt hat nicht den Vorteil, an einem größeren Fluß zu liegen, denn der stattliche Burdekin ergießt sich in einiger Entfernung südlich ins Meer. Der Hafen läßt zu wünschen übrig. Unsere treue Begleiterin, die Kordillere, hat hier mit ihrem höchsten Zuge wieder die Küste


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003