Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Konserviertes und gefrorenes Fleisch. 275

werke in Rockhampton und in Normanton am Golf von Carpentaria. Neuerdings hat man auch in Brisbane ein ähnliches Unternehmen gegründet.

Eine schöne Brücke, die auf 6 starken Pfeilern ruht, aber in Flutzeiten schon mehrfach in Gefahr war, fortgerissen zu werden, führt bei Rockhampton über den Fluß. Von da gelangt man in dreiviertel Stunden zu den Fleischwerken, die dem Wanderer nicht gerade angenehme Düfte entgegensenden. Auf meine Bitte zeigte man mir freundlichst die Einrichtung des ganzen Unternehmens und erklärte mir den Betrieb desselben.

Angesichts des Umstandes, daß der europäische Markt für diese neue Ware erst erobert werden muß, hält sich bisher der Betrieb in mäßigen Grenzen. Immerhin sind die Einrichtungen ausreichend, um täglich 300 Rinder und 2000 Schafe zu schlachten und fertig in Büchsen zu konservieren; die Gefrierwerke können täglich etwa 100 Rinder und 700 Schafe bewältigen.

Das Töten der Rinder erfolgt durch den Nackenstich. Dann wird das Tier sofort abgehäutet, das Fett wird abgeschnitten und in Fässer zerlassen, das Fleisch, falls Büchsenkonservierung erfolgen soll, abgebrüht, dann in den Büchsen mit Dampf gesiedet, endlich eingelötet. Die Büchsen werden an Ort und Stelle in einer besonderen Werkstätte fabriziert. Ebenso gehört eine eigene Faßbinderei zum Werke, denn ein Teil des Fleisches wird in Fässern eingesalzen, und ich für mein Teil ziehe das Salzfleisch in Fässern, das ein wichtiges Nahrungsmittel der Seefahrer bildet, dem Büchsenfleisch weit vor. Ein eigenes Dampfsägewerk zerschneidet die von Maryborough importierten Bretter zu Kisten zum Versand der Büchsen. Felle, Hörner und Knochen der geschlachteten Tiere werden verkauft.

Das Gefrierwerk besteht aus Kammern mit dicken Steinwänden, in welche die eiskalte Luft durch Maschinen hineingetrieben wird. Die Apparate, in welchen die Luft abgekühlt wird, wurden mir nicht gezeigt, auch über die Methode gab man mir keine nähere Auskunft. Einen eigentümlichen Eindruck machte der Eintritt in jene Kammern, deren Temperatur weit unter dem Nullpunkt liegt, und deren Wände und Decke mit einer Eiskruste bedeckt sind, auf mich, der ich gerade aus dem tropischen Norden und Neuguinea kam. Ein ebenso starker Nervenreiz, als der Eintritt in die Gefrierkammern, war nach einigem Verweilen das Heraustreten aus denselben in die heiße Queensländer Sonne.

In den Kammern bleiben die Stücke so lange, bis sie durch und durch gefroren sind. Dann werden sie an Bord von Dampfern


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003