Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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208 Die Ureinwohner Australiens.

sämtlich durchaus reinblütige Australier abbilden, wird das bestätigen. Könnte nicht die Gruppe auf Seite 44 einen Trupp verlumpter Europäer vorstellen, besonders wenn wir die Gestalten und Züge von Frank und Harry ins Auge fassen?

Denjenigen, die es für eine Entwürdigung des menschlichen Geschlechts ansehen, wenn die Wissenschaft aus ihren Resultaten den Schluß zieht, daß der Mensch aus den tierischen Bewohnern der Erde hervorgegangen sei und mit der Familie der Affen in einer nahen Verwandtschaftsbeziehung stehe, wird der Gedanke ebenfalls unerfreulich sein, daß innerhalb der Menschengattung die Kaukasier, die es ja seit mehreren tausend Jahren so herrlich weit gebracht haben, die nomadischen Wilden Australiens und die von der indischen Sage als Affen bezeichneten Weddas zu ihren näheren Verwandten haben. Natürlich handelt es sich für die Wissenschaft einzig darum, ob diese Resultate richtig sind, nicht ob sie dem persönlichen Geschmack des Einzelnen entsprechen. Es ist aber auch an sich schwer einzusehen, wie etwas herabwürdigendes darin liegen soll, einem Geschlecht anzugehören, das aus tierischen Anfängen sich durch Etappen, die uns die Weddas, Australier und Dravida vor Augen führen, zu der immerhin nur recht bescheidenen Höhe moderner kaukasischer Zivilisation emporgearbeitet hat. Im Gegenteil liegt etwas erhebendes in der Überzeugung, daß die Entwicklung des menschlichen Geschlechts weder in körperlicher noch in geistiger Beziehung abgeschlossen ist. und unsere gegenwärtige, noch mit recht zahlreichen Mängeln behaftete Zivilisation dereinst für unsere fernen Nachkommen auch nur eine längst überwundene, mit lächelnder Überlegenheit betrachtete Entwicklungsphase sein wird, wie für uns jetzt die Geistesstufe und Kultur der Australier und Weddas.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003