Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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240 Die Ureinwohner Australiens.

unerfreulich, wie das Ornament des abgebildeten Schildes zeigt. Hier und da höchst rohe und ungeschickte Kritzeleien, die Menschen und Tiergestalten nachahmen sollen. Die von Grey gefundenen, viel vollkommeneren Höhlenmalereien im Nordwesten rühren, wie man aus der Bekleidung der abgebildeten Figuren ersehen kann, ganz sicher von Fremden her, die dorthin verschlagen waren und seither verschwunden sind. Findet man einmal etwas besseres, so kann man fast sicher voraussagen, daß es aus dem äußersten Norden kommt, wo sich im Osten ein schwacher papuanischer, im Westen ein malayischer Einfluß bemerklich macht. Man kann den Erfahrungssatz aufstellen, der für die überwiegende Mehrzahl der australischen Stämme zutrifft, daß jedes Gerät, das aus der Hand eines Australiers hervorgeht, sich ebenso von dem unterscheidet, welches ihren auch noch in der Steinzeit lebenden Nachbarn, den Papuas, seine Entstehung verdankt, wie die bildnerischen Versuche auf der Schiefertafel eines Schulbuben von dem bewußten reifen Können eines Künstlers. Statt der zierlichen Muster, die man in Neu-Guinea als Schmuck besonders der Frauen und Mädchen in die Haut tättowiert, findet man in Australien eine Anzahl paralleler, tiefer und langer Narben auf Brust oder Rücken, die roheste und häßlichste Art der Tättowierung, die überhaupt bekannt ist. Als weiterer Schmuck wird bei ihren nächtlichen Tänzen auf den »Corroboris« eine Beschmierung oder eine streifige Bemalung mit Ocker, Kreide oder Kohle angewandt. Auch Vogelfedern, besonders die gelben Schöpfe des weißen Kakadus werden bei solchen Gelegenheiten ins Haar gesteckt. Halsbändern und Schurzen aus aneinandergereihten Federn, Zähnen oder Muscheln begegnet man in verschiedenen Gegenden. Manche Stämme sind aber jeden Schmuckes bar.

Speer, Keule und Schild (am Burnett »cumare«) sind die Hauptwaffen der Australier über den ganzen Kontinent hin und alle drei werden mit wunderbarer Geschicklichkeit gehandhabt. Die Speere, am Burnett »kanne« genannt, werden gewöhnlich mit einem Wurfbrett geschleudert und die Treffsicherkeit ist so groß, daß ein geübter Krieger auf 70 Schritt ein handtellergroßes Ziel jedesmal trifft. Die Holzkeule, am Burnett »djabir«, ist eine sehr beliebte Jagd- und Kriegswaffe und wird nicht nur zum Hieb, sondern auch zum Wurf benutzt. Eine für die Australier durchaus charakteristische Waffe ist der Bumerang, am Burnett »barran« genannt, ein aus Krummholz gefertigter, mehr oder weniger gebogener oder sogar winklig geknickter flacher Stab, über dessen wunderbare, kreisförmige, richtiger elliptische Flugbahn schon viel gesagt und geschrieben ist. Diese


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003