Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Einheitlichkeit der Rasse.

237

Merkmalen lassen sich bei allen Rassen herausheben, bei Australiern ebensowohl als bei Negern, Malayen und Mongolen. Die Variationen des Grundtypus sind aber bei den anderen Rassen mindestens ebenso groß, vielleicht größer als bei den Australiern, die Begrenzung wegen des Vorhandenseins von Übergangs- und Mischrassen, die bei den Australiern fehlen, meist viel schwieriger. In ihrer körperlichen Beschaffenheit, ihrer geistigen Beanlagung und ihrem Kulturzustand ist diese Rasse, die den großen australischen Kontinent bewohnt, so geschlossen, daß weder an ihrer Einheitlichkeit noch an einer sehr lange dauernden Isolierung und deshalb Reinhaltung gezweifelt werden kann. Mag immerhin zuweilen die Hautfarbe mehr hell, das andere Mal mehr dunkel sein, mag das gewöhnlich wellige Haar zuweilen in der Richtung des Schlichten, zuweilen in der des Krausen variieren, mag Dachform des Schädels, Prognathie, Vorspringen der Augenbrauenwülste in einzelnen Fällen weniger stark ausgeprägt sein. Sind solche Schwankungen bei den Negervölkern nicht noch ungleich größere, falls man nicht die Definition der Negerrasse so eng fassen würde, daß man dahin käme, nur den kleinsten Teil Afrikas von eigentlichen Negern bewohnt anzusehen ? Steht es nicht ebenso mit den Malayen, Polynesiern, Amerikanern, von solchen Sammeltypen, wie Mongolen und Kaukasiern, ganz zu schweigen? Kleinere Völkergemeinschaften wie die Eskimos oder die Andamanen mögen noch geschlossenere Einheiten darstellen, was wesentlich dadurch bedingt ist, daß ihre beschränkte Verbreitung das Auftreten von Variationen weniger begünstigte. Ich behaupte aber: es gibt einen von allen anderen Rassen scharf unterschiedenen australischen Typus, der sich nur auf dem australischen Kontinent findet und dort keinen zweiten neben sich hat.

Derselbe wird charakterisiert durch eine ganze Reihe von anthropologischen und ethnographischen Merkmalen. Nur äußerst gering ist die Einwirkung, die die Papuas von Neu-Guinea in einem kleinen Bereich der Nordküste über die Inseln der Torresstraße hin durch körperliche Vermischung und kulturelle Beeinflussung hervorgerufen haben. Daß malayische Seefahrer die Nordwestküste Australiens gelegentlich berührt und mit den Eingeborenen Beziehungen angeknüpft haben, ist sicher nachgewiesen. Spuren haben sie aber nur wenig und jedenfalls keine tieferen hinterlassen. Dagegen ist die Stellung der nunmehr ausgestorbenen Tasmanier zu der kontinentalen Rasse schwieriger zu beurteilen. Sie sind vielleicht aus einer Mischung der letzteren mit späteren, zufällig dorthin verschlagenen Einwanderern hervorgegangen.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003