Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Körperbeschaffenheit.

235

Vertreter des ersteren, Johnny und Mackenzie als solche des zweiten Typus gelten. Obgleich noch größere Schwankungen, sowohl zum Schlichten, als zum Krausen vorkommen, ist die wellig lockige Haarform über den ganzen Erdteil die vorherrschende.

Die Schädel sind sehr stark im Knochenbau und sämtlich ausgeprägte Langschädel. Die Dolichokephalie ist bei den Australiern ausgeprägter und allgemeiner, als bei irgend einer anderen Menschenrasse. Statt der rundlichen Wölbung beobachtet man gewöhnlich einen mehr dachförmigen Bau der Schädelkapsel. Der Rauminhalt des Schädels ist sehr gering. Die Augenbrauenwülste springen stark hervor; fast immer ist eine mittelstarke Schiefzähnigkeit (Prognathie) vorhanden.

Betrachten wir das Antlitz, so finden wir die Nase sehr eigentümlich gebaut. Die Flügel sind breit und platt gestellt, so daß die weiten Nasenlöcher quergerichtete Öffnungen bilden. Es ist wohl diese Eigentümlichkeit der australischen Gesichtsbildung, die einzelne Beobachter und Reisende verleitet hat, von einer Affenähnlichkeit der Australier zu reden, ein höchst unglücklicher und übertriebener Ausdruck für die an sich richtige Beobachtung, daß diese Stellung der Nasenlöcher etwas an die der anthropoiden Affen erinnert. Übrigens ist nicht etwa die ganze Nase plattgedrückt, sondern dieselbe verschmälert sich gegen den Rücken zu und erscheint in der Profilstellung frei prominierend, zuweilen gerade, zuweilen auch adlerartig gebogen, an der Wurzel sehr stark gegen die Stirn abgesetzt, tief gesattelt. Dieser Bau der Nase ist wohl die charakteristischste Eigentümlichkeit der australischen Physiognomie und findet sich in verschieden starker Ausprägung fast in jedem Gesicht. Die Backenknochen sind fast immer breit, der Oberkiefer vorspringend, der Mund groß, die Lippen voll, aber nicht aufgeworfen. Die Stirn ist mäßig niedrig, oft nach oben zu etwas verschmälert, gewöhnlich etwas zurücktretend. Die Augenbrauen treten stark hervor.

Mustert man viele Gesichter, so findet man dieses und jenes der erwähnten Merkmale bald schärfer ausgeprägt, bald auch fehlend. Der Totaleindruck, der physiognomische Ausdruck ist aber ein


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003