Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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226 Im Hauptcamp am Boyne.

in ihre Behälter gebracht werden. Im Gewirr dieser Pflanzen würden sie ihre Nahrung, Infusorien und andre winzige Lebewesen selbst finden. Von Zeit zu Zeit sollte eine Anzahl getötet und nach allen Regeln der Kunst histologisch konserviert werden. Zu diesem Behufe ließ ich genaue Anweisungen und die nötigen Konservierungsflüssigkeiten zurück.

Ich will hier gleich vorgreifend berichten, daß die übernommene Aufgabe glänzend gelöst wurde, und ich bald nach meiner Rückkehr nach Jena im Sommer 1893 eine Sammlung vortrefflich konservierter Ceratodusfischchen in allen Altersstufen von 14 Tagen bis 10 Wochen zugeschickt erhielt. Nur ein kleiner Teil der von mir lebend in Coonambula zurückgelassenen Brutfische war eingegangen und zwar durch zu gute Pflege. Mensch und Tier wurde in Coonambula gut ernährt und erhielt so reichliche und so kräftige Kost, als sein Herz begehrte. Nur die armen Fische sollten kein Brot und kein Fleisch erhalten, sondern Wasserpflanzen, von denen sie nichts sichtbares genossen? Deshalb wuchsen sie auch so langsam. Das Herz der Hausfrau empörte sich gegen diese Grausamkeit und Zurücksetzung und sie machte experimentelle Fütterungsversuche, indem sie eine kleinere Anzahl von den übrigen trennte und gehörig mit Fleischbrocken fütterte. Am ersten Tage schien ihnen das vortrefflich zu bekommen und man glaubte sie sichtlich wachsen zu sehen. Am nächsten Morgen waren sie tot und schon etwas angefault. Friede ihrer Asche. Die Mastfütterung wurde aufgegeben, und der Rest lieferte eine stattliche Sammlung, die zur Untersuchung völlig ausreichte.

Während der letzten vier Tage, die ich in Coonambula verlebte, war das Haus voll von Gästen, die sich zufällig hier zusammengefunden hatten. Zwei Tage vor meiner Abreise machten wir alle zusammen zu Pferde oder zu Wagen noch einen weiten Ausflug in die wildreichen Reviere, schossen Enten, Gänse und Wachteln, fingen Fische und hatten endlich großes Picknick an der Mündung des Auburn gegenüber der Stelle, wo ich ein Jahr zuvor so lange kampiert hatte und noch die Spuren meines Lagers zu sehen waren. Mein damaliges Rindenhaus war noch gut erhalten, nur etwas verbogen, hier ausgebuchtet, da geschrumpft, wie es die Laune der sich werfenden Rindenplatten mit sich brachte.

Um mir ein Zeichen ihres Vertrauens zu geben, ernannte mich die Gesellschaft zu ihrem Koch und gab mir Gelegenheit, zu zeigen, ob ich meine Zeit gut angewendet und als »Buschmann« etwas gelernt hatte. So ganz leicht ist es wirklich nicht, für eine Gesellschaft


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003