Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Ceratodus-Fischzucht in Coonambula. 225

große Hitze, obwohl ich schon kurz nach Sonnenaufgang aufbrach. Ich hatte die Fischchen in zwei großen, bis zum Rand mit Wasser gefüllten, wohlverschlossenen Glasgefäßen untergebracht, die ich, mit feuchten Tüchern umwickelt, um sie kühl zu erhalten, vor mir am Sattel befestigt hatte. Natürlich ritt ich den ganzen Weg über nur Schritt. Wenn aber mein Pferd anfing Dummheiten zu machen?! Vor einigen Tagen hatte es sich plötzlich hingelegt und am Boden hin- und hergerollt, so daß ich mich nur durch rasches Abspringen retten konnte. Das arme Tier mußte irgend eine giftige Pflanze gefressen haben und war von heftiger Kolik gepeinigt worden. Wenn jetzt wieder so etwas vorkam, waren alle meine Hoffnungen auf die Erlangung älterer Entwicklungsstadien des Ceratodus zerstört.

Langsam aber ohne Unfall ging jedoch jener sorgenvolle Ritt von statten; freilich gab mir jede hastige Bewegung des Pferdes, jede heftige Erschütterung beim steilen Auf- und Abwärtsreiten einen Stoß ins Herz.

Als ich endlich nach sechs langen, qualvollen Stunden in Coonambula anlangte und sofort meine Gefäße auspackte, um zu sehen, wie die kleinen Reisenden die ungewohnte Hitze und Erschütterung ausgehalten hätten, fand ich sie sämtlich bewegungslos am Boden liegen; ein trostloser Anblick. Ich brachte sie sofort in frisches, kühles Wasser und wartete gespannt, aber ohne viel Hoffnung auf Zeichen des wiederkehrenden Lebens. Das Unerwartete trat aber ein. Nach einer Viertelstunde begannen einige wieder Bewegungen zu machen und auf Reize zu reagieren, nach einer Stunde befanden sich fast alle in normalem Zustande, und nur eine kleine Anzahl war und blieb tot, ein Opfer der anstrengenden Landreise. Wahrscheinlich war die Bewegungslosigkeit der ganzen Gesellschaft dadurch verursacht worden, daß die Tierchen durch die ungewohnten, unablässigen Erschütterungen erschreckt, sich stundenlang abgezappelt hatten, bis sie endlich erschöpft regungslos liegen blieben. Ruhe und frisches, sauerstoffreiches Wasser ließ dann allmählich die alte Kraft und Lebendigkeit zurückkehren.

Ich machte meinen Freunden genaue Angaben, wie sie die Weiterzüchtung der kleinen Geschöpfe in großen Becken, deren Wasser täglich gewechselt werden mußte, vorzunehmen hätten. So lange der Dottersack den Leib des Tieres wanstförmig vorstülpte, brauchten die Tiere keine weitere Nahrung; nach Verschwinden des Dottersacks sollten frische Wassergewächse aller Art, besonders Fadenalgen


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003