Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Dahlkes Krankheit.

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eigenen. Er identifizierte sich vollkommen mit ihnen und wenn er, was manchmal der Fall war, durch seine Krankheit behindert war und Schmerzen litt, so unterdrückte er durch die Macht des Willens die krankhaften Gefühle, und konnte von mir nur mit größter Mühe bewegen werden, sich zu schonen. Dazu kam seine vollkommene Nüchternheit, seine Ehrlichkeit und Uneigennützigkeit und sein deutscher Fleiß. Ich hatte das Glück gehabt, hier in fernster Ferne einen Gefährten zu finden, auf den ich mich verlassen konnte, wie auf mich selbst, und dessen Andenken ich in Ehren halten werde, solange ich lebe.

Nach Dahlkes Weggange übernahm Andrew Wein seine Aufgabe, mit den Schwarzen im Gebirge umherzustreifen und die von ihnen gebrachten Ameisenigel in Empfang zu nehmen, zu öffnen, und die Eier und Jungen zu konservieren. Wir im Hauptcamp lagen indessen eifrig der Wasserarbeit ob, befuhren in unserm Kurrajongboote das ganze ausgedehnte Gewässer, an dem wir lagerten, hoben mit einem langen Rechen die überall üppig hervorsprießenden Wassergewächse heraus, um sie vorsichtig, Stengel für Stengel, nach den Ceratodus-eiern zu durchsuchen. Das Wetter war vollkommen schön und sehr trocken. Zu den Wasservögeln, die als. regelmäßige Bewohner die Gewässer belebten und am Ufer nisteten, den Enten, Gänsen, Reihern, den zahlreichen Wasserhühnern (Fulica australis, Porphyrio melanotus), kam jetzt ein massenhafter Zuzug von Gästen, die sich, wie meine Leute vermuteten, aus einem Distrikt im Innern, in dem augenblickliche Dürre herrschte, hierher gezogen hatten. Der australische Pelikan, Pelecanus conspicillatus, zeigte sich überall; einmal ließ sich eine Gesellschaft von zehn dieser sonderbaren Tiere auf unserm »Waterhole« nieder und blieb über eine Woche dort, nicht im mindesten scheu und so leicht zu erlegen, daß die Jagd auf die mächtigen Vögel mir bald als ein bloßes Morden erschien und ich sie ganz in Ruhe ließ, nachdem ich drei von ihnen geschossen hatte. Fast ebenso zahlreich zeigte sich der schwarze australische Schwan, Cygnus atratus. Diesem allerdings stellte ich eifriger nach, da ich gefunden hatte, daß seine Brust ein herrliches, schneeweißes Dunenpelzwerk liefert, wenn man die langen schwarzen Federn ausrupft. Man kann sich nichts reizenderes denken, als ein Damenmuff aus den schneeweißen Dunen des schwarzen Schwans. Zu derselben Zeit beobachteten wir auch das massenhafte Auftreten einer Ibisart, Carphibis spinicollis, die gleichmäßig die Flußufer, Sümpfe und Lagunen wie das offene Buschland okkupierte, sich auf den Umzäunungen und Hürden der Station Coonambula niederließ und zuweilen in dichten Schwärmen in mäßiger Höhe über unsern Häuptern wegstrich.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003