Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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An Tim Shey's Creek. 167

es war ein wahres Paradies für den Sammler und Naturforscher. Auch war das Wetter um diese Zeit des Jahres so angenehm als es nur sein konnte: trocken, am Tage nicht zu heiß, nachts nicht allzu kühl. Als ich Anfang Juli an den Burnett zurückkehrte, hatten wir im Camp zunächst noch etwas von den kalten Nächten zu leiden, besonders ich, der ich aus dem tropischen Norden kam. Der Juli ist für die südliche Hemisphäre dasselbe wie der Januar für die nördliche: der kälteste Monat des Jahres. Am Burnett, der dem Äquator näher liegt als die kanarischen Inseln oder Suez und Kairo, macht sich die Winterkälte nur nachts geltend, während die Tage von zwei Stunden nach Sonnenaufgang bis zum Abend stets warm und schön sind. In der Nacht kann aber das Thermometer bis auf Null sinken und man friert auf seinem Lager ganz gehörig, wenn man sich nicht zu schützen versteht. Am schlimmsten ist die Kälte, die von unten her durch die dünne Sackleinwand dringt, welche man sich als Lager aufgespannt hat. Doch ist die Abhilfe hiergegen leicht. Man stopft einen leeren Sack mit dürrem Gras aus und benutzt diesen Strohsack als Matratze auf dem Feldbett. Bedeckt man sich dann noch mit einer wollenen Decke, so liegt man warm. Das Schlimme ist nur, daß bei der Schmalheit und Unvollkommenheit des Lagers die Decke leicht hier oder da abgleitet, wenn man sich im Schlafe bewegt. Dann erweckt uns die eisige Kälte, die den unbedeckten Teil des Körpers trifft. Ich versuchte es, in den kältesten Nächten in einem Sack zu schlafen, wie die Polarreisenden es zu tun pflegen. Ich fühlte mich aber darin unerträglich beengt und half mir lieber damit, daß ich die Decke an verschiedenen Stellen an das Lager anband und in die aus Matratze und Decke gebildete Hülse hineinkroch. Die Schwarzen waren in den kalten Frühstunden, die auf kalte Nächte folgten, immer im Zustand einer halben Erstarrung, ähnlich wie man sie bei eben aus dem Winterschlaf erwachten Eidechsen und Schlangen beobachtet. Erst die höher steigende Sonne erweckte ihre Lebensgeister zu voller Tätigkeit.

Mit den Schwarzen konnte ich diesmal recht zufrieden sein. Drei von ihnen, Jimmy, Mackenzie und Johnny, arbeiteten ganz vorzüglich und auch die anderen, John Bon, Tommy Dod und selbst der dicke faule »Old Tom« brachten oft schöne Ausbeute heim. Einzelne der Weiber arbeiteten besser als die Männer. Wir zogen viel herum und veränderten oft den Platz unseres Lagers. Gewöhnlich ließ ich die Schwarzen zwei Tage vor mir abziehen und folgte ihnen erst, wenn sie sich überzeugt hatten, daß das neue Revier sich eines längeren Verweilens verlohnte. Ich beobachtete, daß die Schwarzen, wenn


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003