Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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168 Rückkehr an den Burnett.

sie zu einem alten Camp zurückkehrten, niemals wieder genau an derselben Stelle ihre kartenhausähnlichen Rindenzelte aufschlugen, sondern sich mit der alten oder neu geschlagenen Rinde in einiger Entfernung vom frühern ein neues Dach errichteten. Ein rechter Grund dafür war nicht zu erkennen und auf Befragen erhielt ich auch keine Antwort, die mich befriedigt hätte. Überhaupt waren meine Schwarzen — im Gegensatz zu denen anderer Gegenden Australiens -nicht sehr geneigt, mir ihre Stammesgebräuche mitzuteilen. Dagegen machte es ihnen große Freude, mir die Namen der Tiere, Pflanzen, Gegenstände in ihrer Sprache anzugeben, und es erregte immer große Sensation, wenn ich dann später den passenden Ausdruck am richtigen Platze brauchte. Ich vermute, das Nichtbenutzen des alten Camps hat in irgend einem Aberglauben seinen eigentlichen Grund.

Auch nahm ich eine gewisse Scheidung in Parteien wahr, die sich beim Kampieren bemerklich machte. Jimmy mit seiner Familie und Old Tom lagerten stets abseits von den andern und hielten sich auch sonst fern von ihnen. Dies war nicht daraus zu erklären, daß beide nicht derselben Horde angehörten wie die andern. Den wahren Grund erfuhr ich erst später. Vor einer Reihe von Jahren war Jimmys Bruder von zwei andern Schwarzen, die mit zu meinem Camp gehörten, Mackenzie und Johnny, ermordet worden, und ganz allgemein glaubte man, daß Jimmy für diese Tat bei passender Gelegenheit Rache nehmen würde. Jimmy war einst ein berühmter Krieger gewesen und trug an seinem Körper die Spuren furchtbarer Kämpfe. Eine tiefe, schnittförmige Narbe im Nacken drang fast bis zur Wirbelsäule. Einmal hatte er sich allein gegen drei Angreifer zu verteidigen gehabt und hatte sich mit seinen mächtigen schweren Holzkeulen, am Burnett »djabir«, in andern Gegenden »noella noella« genannt, die er meisterhaft zu handhaben und zu schleudern verstand, so erfolgreich zur Wehre gesetzt, daß die drei Helden endlich vor ihm ausrissen. Wie er mir lachend sagte, hätten sie ihn leicht töten können, denn ein Speerwurf hatte seinen Schild durchbohrt und seine linke Hand an den Schild genagelt. Da er den Speer nicht herausziehen konnte, hatte er ihn abgebrochen. Natürlich konnte er mit der angenagelten Hand den Schild nicht mehr so gewandt handhaben -wie vorher und mußte den Speerwürfen seiner Gegner durch Seitensprünge ausweichen. Der glückliche Umstand, daß seine Feinde seine Verwundung nicht kannten, und seine Ausdauer, Gewandtheit und Mut retteten ihn, damals. Er hatte auch sonst viel erlebt, war eine Zeitlang als schwarzer Polizeisoldat im fernen Norden auf der Spur flüchtiger Verbrecher und aufrührerischer Schwarzer durchs Land


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003