Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Anatomische Sammlungen. 161

Hirne ganz frisch erlegter Tiere zur Konservierung verwendete. Gehirne von Tieren, die vor mehreren Stunden getötet waren, erwiesen sich meist als nicht mehr brauchbar. Ich habe im ganzen über hundert Monotremen- und Beuteltiergehirne herausgenommen und konserviert, eine schwierige und zeitraubende Arbeit, die aber reichlich Früchte getragen hat. Auch legte ich eine schöne Sammlung von Rohskeletten der verschiedenen am Burnett vorkommenden Beuteltiere sowie der Ameisenigel und Schnabeltiere an.

Die Schwarzen brachten mir auch um diese Zeit eine Anzahl von frisch gelegten Emueiern und sechs eben ausgeschlüpfte Emu-Küken. Die schön dunkelgrünen, chagrinierten Eier des Emu sind auch in Europa wohlbekannt. Man sieht sie in allen naturwissenschaftlichen Sammlungen und verarbeitet sie auch zu Tafelaufsätzen und Pokalen. Ganz ähnlich, nur viel lichter in der Farbe sind die Eier des nur im äußersten Norden des Erdteils sowie in Neu-Guinea lebenden Kasuars, die ich auf letzterer Insel gesammelt habe. Am Burnett haben wir uns einige Male aus einem frisch gelegten Emuei einen Eierkuchen oder Rührei gemacht, und das Gericht schmeckte unsern damals wenig verwöhnten Gaumen vortrefflich. Ein Ei liefert eine Portion, zu deren Bewältigung mehrere hungrige Magen gehören.

Der Emu, fälschlicherweise auch australischer Strauß genannt, Dromaeus novae-hollandiae, verbreitet sich von Tasmanien über die ganze östliche Hälfte von Australien; eine andere Art, Dromaeus inornatus, kommt in Westaustralien vor. Der Vogel ist am Burnett keineswegs selten und sehr wenig scheu, weil die Weißen ihn gar nicht, und auch die Schwarzen nur wenig verfolgen. Warum letzteres der Fall ist, weiß ich nicht. Es ist mir nachträglich eingefallen, daß vielleicht gewisse Satzungen den jüngeren und mittleren Altersklassen verbieten, Emufleisch zu genießen. Oft sah ich die Vögel zwischen weidendem Vieh herumspazieren und mir kaum irgend welche Beachtung schenken, wenn ich nicht ganz dicht heranritt. Einmal war ich mit zweien meiner Leute zu einem Scrub geritten, um einige Ceratodus abzuholen, die wir in ein kleines Gewässer desselben eingesetzt hatten. Gewehre hatten wir nicht mit, unsre Pferde hatten wir am Rande des Scrubs angebunden. Als wir nach getaner Arbeit sorglos plaudernd aus dem Scrub heraus zu unsern Pferden traten, sahen wir auf vierzig Schritt zwei Emus vor uns, die über unser Erscheinen mehr erstaunt als erschreckt schienen. Auf einen Wink von mir blieben meine Leute stehen und wir alle verhielten uns ruhig. Die Vögel schienen erst eine Weile zu überlegen, dann kamen sie


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003