Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Veränderte Reisepläne. 153

meine Schuld, aber ich fühlte, daß es mich je länger um so mehr drücken würde, nach so großen Anstrengungen mit halben Erfolgen heimgekehrt zu sein. Auch war mir klar, daß ich beim zweiten Versuch vieles besser machen würde. War ich doch jetzt mit dem Buschleben vertraut, kannte am mittleren Burnett jeden Wasserlauf und jeden Scrub, hatte die Lebensgewohnheiten der Tiere genau studiert, hatte unter den Weißen Freunde und Helfer erworben, die für mich tun würden, was in ihren Kräften stand, und hatte auch gelernt, mit den Schwarzen umzugehen. Sollte ich alle diese mühevoll erworbenen Erfahrungen als ein totes Kapital mit mir forttragen in Länder, in denen sie mir keinen Nutzen bringen konnten, oder sollte ich noch einen Versuch wagen? Ich war ganz sicher, daß ich diesmal Erfolg haben würde, falls nicht wiederum Wetter, Regen und Flut gegen mich wären. Aber das war eben die Frage. Sollte ich meine ganzen Reisepläne ändern, meinen Aufenthalt in den Tropen aufgeben oder sehr beschränken, unter großen Kosten eine neue Expedition ausrüsten, wieder Monate lang am Burnett verweilen und vielleicht wieder durch eine Überschwemmung des Preises aller dieser Opfer verlustig gehen? Das zweite Mal unverrichteter Sache fortzugehen, wäre noch niederdrückender und schimpflicher gewesen, als das erste. Diese Gedanken verfolgten mich Tag und Nacht. Ich weiß aber noch wie heute die Stelle, wo mir beim Spazierengehen an einem regenschweren, stürmischen Sonntagnachmittag Ende Februar plötzlich klar war: Du mußt noch einen Versuch machen und alles daran setzen, koste es, was es wolle. Es würde feige sein, sich von der Gefahr eines zweiten Mißerfolgs abschrecken zu lassen, ein Unternehmen zu wagen, dessen Aussichten an und für sich eher gute als schlechte sind. Mein Entschluß war jetzt gefaßt, und Zweifel sind mir nicht mehr aufgestiegen. Sofort traf ich alle Maßregeln, die durch die Veränderung meiner Pläne notwendig geworden waren. Ich schrieb nach Hause und bat um Verlängerung meines Urlaubs um ein halbes Jahr. Ich teilte Dahlke mit, daß ich in etwa vier Monaten zurückkommen würde, und versicherte mich seiner weiteren Dienste. Er sollte inzwischen alle notwendigen Vorkehrungen treffen, so daß wir, wenn ich in Gayndah einträfe, sofort aufbrechen könnten. Ich wollte außer ihm noch zwei Weiße, ein Paar junge tüchtige Queensländer, mitnehmen, die er auswählen und engagieren sollte. Die Hauptsache aber war, sich der Hilfe der Schwarzen zu versichern. Wenn ich Anfang Juli an den Burnett zurückkehrte, konnte ich meine Sammlung von Echidnaentwicklung sehr gut ergänzen, vorausgesetzt, daß ich nur eine Schar brauchbarer


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003