Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Ein Interview.

143

In Cania gibt es eine Menge von kleineren und größeren Sümpfen, Teichen, schilfbewachsenen Seen und Lagunen. Alle diese stehenden Gewässer werden von einer Unzahl von Wasservögeln bevölkert, die hier, wo sie fast nie beunruhigt werden, wenig scheu sind und dem Jäger das Anschleichen leicht genug machen. Herr McCord kannte genau die Stellen, an denen es Wildenten und Gänse gab. Hier und da wurde Halt gemacht, der eine von uns blieb im Buggy und hielt die Pferde, während der andere sich vorsichtig an die betreffende Stelle heranschlich. Als Hauptstück hatte Herr McCord die große Lagune gepriesen, zu der wir etwa 1 1/2 Stunde vor Erreichung unsers Endziels kommen würden. Hier wollten wir nach einem umfassenderen Schlachtplan handeln als bisher. In etwa 1 Kilometer Entfernung von der Lagune hielten wir an, stiegen aus, strängten die Pferde ab und banden sie an Bäume. Dann wurde Hermann Wein zu Pferde in weitem Bogen herumgeschickt, um uns das Wild zuzutreiben. Wir selbst postierten uns, der eine an das eine, der andre an das andre Ufer des langgestreckten Sees, sorgfältig hinter Bäumen verborgen, um den Blicken der scheuen Wasservögel zu entgehen. Nach einer Weile hörten wir in der Ferne lautes Rufen, es war unser Treiber Hermann, und gleich darauf erfüllte sich buchstäblich die Luft mit Wildenten und Wildgänsen, die zu Tausenden die Lagune bewohnten. Auch eine größere Anzahl von Wildschwänen war dabei, den schwarzen australischen Schwänen, die in Europa vielfach in zoologischen Gärten und Parks gehalten werden. Trotz der großen Menge des aufstehenden Wildes schossen wir nur wenig, weil Enten sowohl wie Gänse zu hoch über uns wegstrichen. Wir verknallten eine große Menge von Patronen und sahen gegen 6 oder 8 Vögel in das Wasser hinunterfallen. Sie waren aber wahrscheinlich sämtlich blos geflügelt oder sonst leicht verwundet; denn als wir später die gefallenen zu suchen begannen, konnten wir nicht einen einzigen finden. Die Wildente ist eben ein überaus schlauer Vogel; verwundet versteckt sie sich im dichtesten Schilf oder sie verbirgt den Körper im Wasser, indem sie sich mit den Füßen im Schlamm des Grundes festklammert und nur den Schnabel zum Atmen herausstreckt. Oder sie schwimmt auch ans Land und läuft einfach davon, während man sie im Schilf oder auf dem Wasser sucht.

Wir trösteten uns über die Erfolglosigkeit dieses Unternehmens, da wir eine hübsche Ausbeute schon in den vorigen Stunden gemacht hatten. Eine unangenehme Überraschung erwartete uns aber, als wir zu unsern Pferden zurückkehrten. Drei derselben, die wir an Bäume


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003