Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Der Königspapagei. 133

allbekannten schneeweißen Kakadus mit schwefelgelbem Schöpfe, Cacatua galerita, ein. Da herrscht dann großes Leben und Geschrei, und die muntern klugen Vögel kümmern sich wenig darum, wenn wir uns den Bäumen, auf denen sich die Gesellschaft niedergelassen hat, nähern. Viel vorsichtiger verhalten sie sich in Coonambula, wo sie den Gartenfrüchten, besonders den Wassermelonen, ungebetene Besuche abstatten und wegen des Schadens, den sie tun, verscheucht und abgeschossen werden. Dennoch kommen sie immer wieder, passen gut auf und erheben sich mit ohrzerreißendem Kreischen, wenn man vorsichtig anzuschleichen versucht. Ist der Jäger fort, so sind sie gleich wieder da. Mehrere Arten von schwarzen Kakadus (Calyptorhynchus) sind viel scheuer und entziehen sich mehr der Beobachtung. Sie leben weniger gesellig als ihre lichten Verwandten; oft sah ich sie einzeln oder zu zweit und dritt in weitem Fluge über die Buschwälder hinstreichen. Ihre Stimme ist nicht so kreischend wie die der weißen Kakadus, mehr heiser und knurrend.

Die echten Finken oder Fringilliden fehlen, wie schon erwähnt, der australischen Region vollständig. Sie werden ersetzt durch die weniger stimmbegabten, aber viel prächtiger gefärbten Prachtfinken (Schilffinken und Grasfinken), unter denen sich Geschöpfe von wunderbarer Anmut, Zierlichkeit und Farbenschönheit finden. Es machte mir mehr Vergnügen, diese muntern und zutraulichen Tierchen im hohen Grase des Busches und im Schilfe der Flußufer und stehenden Gewässer zu beobachten, als sie zu erlegen und meiner Sammlung einzuverleiben. Durfte ich doch von vornherein annehmen, daß gerade sie schon längst den Sammlern aufgefallen und für die Wissenschaft nicht neu seien. Ich bedaure diese Unterlassung einigermaßen, weil es mir infolgedessen jetzt nicht möglich ist, die Namen der Arten, über deren Lebensweise ich Beobachtungen gesammelt habe, mit Sicherheit festzustellen. Denn meine kurzen Notizen über ihren Habitus und ihre Färbung erweisen sich als unzulänglich für genauere Bestimmung.

Mitte Dezember trat endlich eine dauernde Besserung im Wetter ein, die Niederschläge wurden seltener und weniger heftig, die Flüsse begannen langsam, aber stetig zu fallen. Die Verhältnisse lagen jedoch derart, daß ich einsah, es würde noch mindestens zwei bis drei Wochen dauern, bis ich in dieser Gegend mit irgend welcher Aussicht auf Erfolg meine Arbeit wieder aufnehmen könnte. Dann aber wäre es voraussichtlich zu spät und die Laichzeit des Ceratodus vorüber gewesen. Vielleicht gelang es mir aber, eine Gegend ausfindig


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003