Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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130 Die Flut.

benahm, glitt ich von seinem Rücken und schwamm neben ihm her, worauf er dann die Nase wieder aus dem Wasser nahm und sich mit Ach und Krach hinüberarbeitete. Es war unter den gegenwärtigen Verhältnissen sehr unangenehm, daß wir kein gut schwimmendes Pferd hatten, und ich bat Herrn McCord mir ein solches zu borgen. Später fanden wir übrigens heraus, daß eines von unseren eigenen Pferden ein vorzüglicher und furchtloser Schwimmer war, ein Pferd, von dem wir sonst nichts hielten und das wir überhaupt nicht daraufhin versucht hatten.

In der Zeit, in der das Überschreiten der Ströme sehr schwierig und für viele geradezu unmöglich war, wurden verschiedene Leute auf ihrer Reise ins Innere, die meisten auf dem Wege nach der Goldmine Eidsvold, aufgehalten, und da die Anwesenheit meines Camp allmählich im Lande bekannt geworden war, bekam ich mit der Zeit eine kleine Ansammlung von Menschen in demselben. Dieselben unter gegenwärtigen Verhältnissen fortzuweisen, wäre nach den Begriffen, die man in Australien von Gastlichkeit hat, im höchsten Grade engherzig gewesen. So hatte ich denn trotz der großen Schwierigkeiten, die mir unsre eigene Verpflegung unter gegenwärtigen Verhältnissen bot, auch noch für eine Anzahl Fremder Sorge zu tragen. Ich hielt übrigens darauf, daß die Leute nicht länger blieben und es sich bei mir wohl sein ließen, als die Verhältnisse es wirklich geboten, und daß sie ihre Reise fortsetzten, sobald der Auburn ohne Gefahr zu überschreiten war, was während der Flutperiode zu verschiedenen Malen durch temporäres Fallen des Flusses möglich war. Nur einen alten Vagabunden, einen »Tramp« von kolossaler Körpergröße und Körpergewicht, den wir weder auf unserm leichten Boot hinüberschaffen, noch auch dem Rücken eines unserer Pferde anvertrauen konnten, mußte ich volle drei Wochen in meinem Camp behalten und verpflegen. An ersprießliche Arbeit war natürlich während dieser ganzen Zeit nicht zu denken.

Wenn das Wetter es irgend erlaubte, streifte ich umher, um Phascolarctos zu schießen, auch erlegte ich eine Anzahl Vögel und balgte dieselben ab. Bisher hatte ich mich nicht damit abgegeben, weil das Schießen und Abbalgen von Vögeln ungemein zeitraubend und völlig dazu angetan ist, die Zeit und Kraft eines Naturforschers zu absorbieren.

An Schönheit und Farbenpracht kann die australische Vogelfauna mit den schönsten Vogelfaunen der Erde wetteifern, ja wenn man nicht allein die Region des australischen Festlandes, sondern die ganze australische Region, also auch die austromalayische Subregion,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003