Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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114 Der Abzug der Schwarzen.

Mündung des Boyne wollte durchaus nicht reichlicher fließen und lieferte trotz aller Bemühungen durchschnittlich nicht mehr als 20 Eier täglich. Noch immer war ich damals der Ansicht, daß die Laichzeit eben erst beginne. Ich verbot den Schwarzen aufs strengste, irgend einen ausgewachsenen Ceratodus zu dieser Zeit zu fangen, besonders an dem Platze, an dem wir die Eier fanden. Am Sonntag, den 8. November, konnten die Schwarzen aber der Versuchung nicht widerstehen, sondern fischten ohne mein Wissen an der betreffenden Stelle nach den Tieren, die sie schon seit längerer Zeit bei ihrem Suchen nach den Eiern beobachtet hatten, und fingen drei starke Männchen und ein großes Weibchen, das noch eine ziemliche Menge Laich enthielt. Von diesem Tage an begann meine Quelle allmählich ganz zu versiegen; junge eben abgelegte Eier wurden gar nicht mehr gefunden, nur noch ältere, schon vor längerer Zeit abgelegte, und schließlich gar keine mehr. Als ich die Schwarzen fort und fort zu eifrigem Suchen antrieb, sagte mir einmal eine der Frauen: »Was sollen wir denn noch länger nach den Eiern suchen; man hat ja die Mutter getötet.« Auf diese Weise erfuhr ich, was die Schwarzen gegen mein Verbot angestellt hatten, und all mein nachträglicher Zorn konnte nichts mehr nützen. Es ist mir unzweifelhaft, daß die schwarze Frau mit ihrer Behauptung Recht hatte. Alle die dort gefundenen Eier rührten von dem einen am 8. November getöteten Weibchen her und waren von demselben Tag für Tag in einer gewissen Anzahl über einen ziemlich weiten Umkreis hin abgelegt worden. Jimmy hatte die Fische einmal beobachtet, wie sie in größerer Anzahl zwischen den Wasserpflanzen gleichsam spielend umherstrichen, in einer Weise, wie man sie sonst bei diesen Fischen niemals beobachten kann. Höchstwahrscheinlich war damals das Weibchen gefolgt von mehreren Männchen mit der Eiablage beschäftigt gewesen.

Unsere Erfahrungen an den Amphibien haben uns gelehrt, daß Eier, die von einer im Wasser aufquellenden Gallerthülle umgeben sind, vor dem Quellen der Hülle befruchtet werden müssen, also ehe sie mit dem Wasser in Berührung kommen. Die Befruchtung muß deshalb im Eileiter selbst erfolgen, wie bei den Molchen und vielen ändern geschwänzten Lurchen, oder im Momente des Austritts wie bei den Fröschen und Kröten Ich konnte nicht mit Sicherheit feststellen, wie der eigentliche Befruchtungsakt bei Ceratodus vor sich geht. Aus einer Reihe von Gründen aber, die ich an dieser Stelle nicht näher aufzählen will, scheint mir eine innere Befruchtung der Eier durch einen Kopulationsakt, oder durch stellvertretende


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003