Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Auffinden der Eier des Lungenfisches. 113

die Eier, besonders die jüngsten Stadien von ihrer Gallerthülle zu befreien, ohne den Inhalt zu verletzen. Von dem erbeuteten Material wurde anfangs immer ein großer Prozentsatz bei diesen Versuchen zerstört. Schließlich bediente ich mich einer zweckmäßigen Methode, die darin bestand, zunächst das Ei mit seiner Gallerthülle auf mehrere Stunden in eine konservierende Flüssigkeit zu legen. Nachdem das Innere hart und widerstandsfähig geworden war, die Hülle aber ihre Elastizität verloren hatte, gelang es dann, die letztere abzustreifen, ohne das Ei zu beschädigen.

Ich machte in diesen Tagen zahlreiche Skizzen von dem lebenden und konservierten Material und erkannte sofort die große Übereinstimmung, die dieser Fisch in seiner ganzen Entwicklung mit den Amphibien besitzt. Er zeigt in dieser Beziehung viel mehr Übereinstimmung mit letzteren als mit ändern Fischen. Dadurch wird die schon aus der vergleichend-anatomischen Untersuchung des ausgewachsenen Tieres geschöpfte Anschauung bestätigt, daß wir in der Dipnoer-Klasse, deren typischster Repräsentant Ceratodus ist, eine Art Übergangsglied, ein »missing link« zwischen Amphibien und Fischen zu erblicken haben. Die genauere Ausarbeitung des Gegenstandes, die ich seit meiner Rückkehr unternommen und nach verschiedenen Richtungen hin bereits zum Abschluß gebracht habe, hat diese Anschauung nur weiter bestätigt. Von besonderem Interesse war es auch, die Entwicklung der Flosse unseres Tieres zu verfolgen, weil es durch die Untersuchungen von Gegenbaur wahrscheinlich gemacht worden ist, daß die fünfzehige Extremität der höheren Wirbeltiere, Amphibien, Reptilien und Säugetiere, von einer Fischflosse abzuleiten ist, deren reinsten am wenigsten veränderten Typus wir bei Ceratodus wiederfinden. Zum Unglück beginnt die Entwicklung der Flosse bei diesem Tiere erst verhältnismäßig spät, wenn der übrige Körper schon in seiner Ausbildung weit vorgeschritten ist. Erst 2 Wochen nach dem Ausschlüpfen aus der Eihülle zeigt sich die erste Spur der Brustflosse, erst 6 Wochen nach dem Ausschlüpfen diejenige der Bauchflosse. Da es mir nun niemals gelang, die jungen Fischchen selbst zu fangen, sondern immer nur die in der Eihülle eingeschlossenen Stadien, so durfte ich nicht alles gefundene Material sofort in dem Zustande, wie ich es fand, konservieren, sondern ich mußte einen Teil der Embryonen in kleinen Gefäßen weiter züchten. Augenblicklich, wo ich nur sehr spärliches Material besaß, gelang mir die Aufzucht nur bei ganz wenigen Exemplaren.

Ich machte in den nächsten Tagen die größten Anstrengungen, reichlicheres Material zu finden, denn unsre bisherige Quelle an der


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003