Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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108 Das Camp am Auburn.

war. Ich will den Namen ihres Erfinders nicht nennen, um demselben nicht zu schaden; denn unter europäischen Verhältnissen mag eine derartige Detective-Camera, oder wie sie sonst heißen mag, ganz brauchbar sein. Für eine Reise in die Tropen aber sind alle solche leichten Konstruktionen wertlos, und der Reisende sollte nur das allervorzüglichste Material mitnehmen, wenn er nutzlosen Zeit-und Kostenaufwand vermeiden und sich Enttäuschungen und Ärger ersparen will.

In Gayndah revidierte ich zusammen mit dem Grobschmied W. Harmer meine Camera und fand, daß meine schlechten Resultate lediglich der mangelhaften Ausführung des Apparats zuzuschreiben waren. Herr Harmer wurde allgemein als ein »handy man«, ein geschickter Mann, bezeichnet, ein großes Kompliment in Australien, wo ein jeder seine Hände unendlich mehr als bei uns zu gebrauchen versteht. An ihn wandten sich auch alle Ansiedler in besonders schwierigen Fällen. Er war nicht nur Grobschmied, sondern vertand es auch Instrumente aller Art anzufertigen und zu reparieren. Er flickte die Wagen und Postkutschen, wenn sie bei ihren kühnen Fahrten über Stock und Stein halb oder ganz zertrümmert im Busch liegen blieben, er reparierte Uhren, und er war auch der Photograph der Gegend. An das Krankenbett meiner Camera gerufen, schüttelte er bedenklich den Kopf und stellte bei der schwachen Konstitution der Patientin eine ungünstige Prognose auf gänzliche Wiederherstellung und dauerhafte Gesundheit. Für mich war das sehr fatal, denn woher sollte ich hier in absehbarer Zeit einen Ersatz hernehmen, und wie schade war es anderseits, die merkwürdigen Landschaftsbilder und die Szenen aus Menschen- und Tierleben, die sich vor meinen Augen abspielten, nicht im Bild festhalten zu können. Indes tat Harmer sein Bestes, und ich konnte nach einigen Tagen mit einem leidlich brauchbaren Apparat den Heimritt in mein Camp antreten.

Wenige Tage nach meiner Rückkehr ereignete sich dort ein ziemlich unangenehmer Vorfall. Ich habe schon früher beschrieben, daß man die Pferde mit zusammengekoppelten Vorderbeinen im Busch weiden läßt. Dieses Verfahren hatten auch wir lange Zeit angewendet. Die Pferde entfernten sich niemals weit von der Stelle unsres Lagers und kamen immer wieder dorthin zurück. Augenscheinlich behagte ihnen die Weide an dieser Stelle. Ja eines unsrer Pferde feierte sogar Mutterfreuden; Nelly, die alte Stute Dahlkes, schenkte einem hübschen und kräftigen Hengstfüllen das Leben. Wir tauften es Starlight, nach dem Helden eines australischen Buschräuber-Romans,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003