Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Lungen- und Kiemen-Atmung. 107

Schnauzenspitze aus dem Wasser erhoben, wobei jenes eigentümliche stöhnende Geräusch ausgestoßen wurde. Ich vermochte nicht zu zu entscheiden, ob das Geräusch durch das Ausstoßen der alten oder das Einziehen der neuen Luft verursacht wurde, und wie und wo es zu stande kommt.

Gleichzeitig mit dieser Lungenatmung- bedient sich Ceratodus auch der gewöhnlichen Kiemenatmung der Fische und ist keineswegs im stande im Trocknen zu existieren. Legt man ihn an das Land, so daß er nicht zurück ins Wasser kann, so trocknen die Kiemen ein, und das Tier geht bald zu Grunde. Dennoch hat die Lungenatmung eine große Bedeutung für den Fisch und zwar in der Trockenperiode. Wenn in dieser nämlich der Fluß auf weite Strecken hin eintrocknet, und sich nur einige tiefe Wasserlöcher erhalten, deren Dimensionen dabei natürlich auch sehr reduziert werden, so findet in diesen letzten Zufluchtsstätten eine kolossale Anhäufung der wasserbewohnenden Bevölkerung statt. Massenhaft sterben dann die Fische infolge der Verschlechterung des Wassers durch faulende vegetabilische und animalische Substanzen ab.

Herr W. B. Maltby von Gayndah erzählte mir, daß er in einem sehr trocknen Jahre einmal ein großes, aber nicht sehr tiefes Wasserloch, das dem Austrocknen nahe war, ausgefischt habe. Das übrig gebliebene Wasser war erfüllt mit abgestorbenen Barschen, Mullets und ändern Flußfischen. Die Fischleichen verpesteten das Wasser; einige Ceratodus aber, die sich in diesem Gewässer befanden, waren völlig frisch und lebenskräftig und zeigten keine Spur davon, daß sie sich in einem für wasseratmende Tiere höchst ungesunden Aufenthaltsort befanden.

Hier kommen wir auf den Ausgangspunkt der Lungenatmung des Ceratodus. Sie dient ihm nicht auf dem Lande, nicht während des Sommerschlafs im Schlamme oder in Kokons, sondern sie ist für ihn das einzige Hilfsmittel, die in trockenen Zeiten für Kiemenatmung oft sehr ungünstigen Verhältnisse seiner einheimischen Gewässer zu überstehen.

Die Fischerei brachte etwas Abwechslung in mein Leben, obwohl sie nicht weiter dazu beitrug, mich meinem eigentlichen Ziele, der Erlangung von entwicklungsgeschichtlichem Material, näher zu bringen. Ende Oktober machte ich eine kurze Reise nach Gayndah, indem ich allein dorthin ritt und Dahlke mit den Schwarzen im Camp ließ. Hauptzweck meines dortigen Aufenthalts war die Reparatur meiner photographischen Camera, die ich von Europa mitgebracht hatte, und die schon jetzt nach vier Monaten völlig unbrauchbar geworden


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003