Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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100 Das Camp am Auburn.

gelernt haben, sind dem Ceratodus verschlossen. Er vermeidet die Quellgebiete, hat also viel weniger Aussicht, von dort aus in andre Flußläufe zu gelangen, als andre Fische. Er ist sehr empfindlich gegen Salzwasser; so ist ihm also auch der Weg durch die Flußmündungen in das Meer abgeschnitten. Zum Wandern über Land ist er gänzlich unfähig. Seine Eier endlich sind ganz außerordentlich empfindlich und hinfällig, wie ich tausendfach Gelegenheit hatte mich zu überzeugen. Ein auch nur zeitweiliges Trockenwerden vertragen sie nicht. Wird das Wasser, in dem man die Eier züchtet, zu warm, hat man zu viele Eier in einem Gefäße und entfernt man nicht rasch jedes abgestorbene Ei, so ist ein rapides Absterben die Folge. Dieser Umstand erschwerte meine embryologischen Sammlungen sehr. Jedenfalls erscheint ein Transport der ohnehin sehr großen Ceratodus-eier durch Wasservögel oder andre Wassertiere so gut wie ausgeschlossen.

Wird also Ceratodus durch irgend einen Grund — am nächsten liegt es, an eine langdauernde Dürre zu denken — in einem Flußgebiet ausgerottet, so ist es ihm unendlich viel schwerer, von Nachbargebieten wieder in dasselbe einzudringen, als ändern Fischen. Hierin dürfte nach meiner Auffassung der Hauptgrund seiner beschränkten Verbreitung in Australien zu suchen sein.

Wahrscheinlich spielt auch eine Abnahme der Wasserreservoirs, die viele Flüsse Queenslands früher in den Seen und Sümpfen der Darling-Downs besessen haben, ein dadurch bedingtes leichteres Austrocknen überhaupt, vielleicht eine Zunahme der Trockenheit des australischen Klimas eine Rolle. Das Überleben des Fisches im Burnett und Mary mag in dem Vorhandensein einiger besonders ausgedehnten Austiefungen dieser beiden Flußläufe, ferner vielleicht im Zusammentreffen glücklicher Umstände seinen Grund haben, das ihr gänzliches Austrocknen seit undenklichen Zeiten verhindert haben mag. Würde heute eine sehr intensive Trockenperiode den Mary-River betreffen und diesen zum gänzlichen Austrocknen bringen, im Burnett aber noch einige Austiefungen gefüllt lassen, so würde der Fisch auf den Burnett beschränkt sein und wahrscheinlich ungemessene Zeit lang bleiben. Würde anderseits heute ein Naturforscher oder Privatmann sich die Mühe nehmen, lebende Exemplare von Ceratodus in den mittleren Lauf des Brisbane-Flusses einzusetzen, so würden dieselben dort zweifelsohne ausgezeichnet fortkommen und bald das ganze Flußsystem bevölkern.

Wie ich schon erwähnt habe, fing ich während meines Aufenthalts am Burnett zahlreiche Exemplare von Ceratodus mit der Grund-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003