Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Ein heuchlerischer Vegetarianer.

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blüten, teils direkt im Wasser gewachsen sind, wie gewisse Gräser und echte Wasserpflanzen, prall gefüllt. Da ich nun aber fand, daß Ceratodus so gut an animalischen Köder geht, erschien es mir zweifelhaft, ob jene Pflanzenteile gefressen würden, um selbst verdaut zu werden, oder aber um der zahlreichen Wassertiere willen, Krebse, Würmer, Schnecken, Muscheln und Insektenlarven, die zwischen den Blättern und Zweigen ihr Wesen treiben. Eine Untersuchung des Darminhalts ergab, daß in der Tat jene derben Pflanzenteile überhaupt nicht verdaut werden, sondern den Darm in nahezu unverändertem Zustande verlassen. Sie sind sozusagen nur die Vehikel der eigentlichen Nahrung, die vorwiegend animalischer Natur ist. Ganz zarte grüne Pflanzenteile, wie besonders die grünen

Der Lungenfisch, Ceratodns forsteri.

Fadenalgen, die auch der Mullet so sehr liebt, mögen wohl mit verdaut werden; die festen und widerstandsfähigen Gewebe der höheren Pflanzen sind aber der Verdauung des Ceratodus unzugänglich. Überhaupt fand ich, daß über den Ceratodus viele Irrtümer in der Wissenschaft verbreitet sind, was hauptsächlich auf Verwechslung mit einem andern Fisch zurückzuführen ist. Die Ansiedler nämlich nennen das Tier wegen seines roten Fleisches auch »Burnett-Salmon«, Burnett-Lachs. Nun lebt im nächsten Flußgebiet nördlich vom Burnett, im Fritzroy-Dawson ein Fisch, der mit dem Ceratodus nicht die geringste Ähnlichkeit und Verwandtschaft besitzt, aber von den Ansiedlern Dawson-Salmon genannt wird, weil er wie ein Salm die Fliege nimmt. William Forster, der verdienstvolle Entdecker des australischen Lungenfisches, beging den geringfügigen Irrtum, den Ceratodus als Burnett-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003