Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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90 Das Camp am Auburn.

Humorist, der die Verrichtungen des Menschen von der hohen Warte eines Eucalyptusbaumes mit Interesse und Überlegenheit verfolgt und gelegentlich mit dem herzlichsten Lachen von der Welt begleitet. Das wirkt ansteckend, ein zweiter, drei, vier, ein Dutzend stimmen ein, und schließlich erfüllt große allgemeine Heiterkeit den stillen Busch, wie man sie sonst nur in einem Parlament oder im Theater beim Vortrage eines beliebten Komikers hören kann.

Herr McCord hatte mich unter anderm auch deshalb aufgesucht,

um mir mitzuteilen, daß nunmehr das Mustern in Coonambula beginne, und hatte mich aufgefordert, herüber zu kommen und mir die Sache anzusehen, wenn immer ich Lust hätte. Von dieser freundlichen Einladung machte ich in diesem Monat häufig Gebrauch und hatte auch später noch oft auf verschiedenen Stationen am Burnett Gelegenheit, diese Arbeit des australischen Rinderzüchters kennen zu lernen und mich an derselben selbst zu beteiligen. Ich will dieselbe jetzt hier im Zusammenhang schildern.

Wie schon erwähnt, weiden die Rinderherden auf den verschiedenen Stationen gänzlich frei und unbeaufsichtigt. Bei der ungeheuren Menge des Viehs gibt es kein andres Mittel, um das Eigentumsrecht festzustellen, als die Anbringung eines Zeichens am Körper des Tieres selbst. Deshalb brennt man Rindern, Pferden und Schafen mit dem Glüheisen gewisse Buchstaben in die Haut ein. Die Kombination dieser Buchstaben muß den Behörden mitgeteilt werden, und da jede Station ihr besonderes Zeichen hat, ist leicht festzustellen, wem versprengte, verirrte oder gestohlene Stücke gehören. Diese Kombination von Buchstaben nennt man den »Brand«. So ist der Brand der Station Coonambula 1 C N auf der linken Seite. Außerdem wird noch das Geburtsjahr des Stückes vermerkt, indem man die letzte Ziffer der Jahreszahl: 1 = 1891, 2 = 1892 — mit aufbrennt. Auf Coonambula wird außerdem den Rindern je ein Dreieck aus dem linken Ohr herausgeschnitten, so daß man es den Tieren schon auf weite Entfernungen hin ansehen kann, ob sie zu Coonambula gehören oder zu einer ändern Station, die eine andre Ohrmarke hat. Denn da der Brand natürlich nicht erneuert wird, ist er bei manchen Tieren nur schwer sichtbar, besonders zur Zeit, wenn ihr Fell recht langhaarig ist. Die Erkennung durch die Ohrmarke ist dann leichter, wenn auch weniger sicher. Soll in einem Jahre einmal der ganze Bestand an Stücken genau aufgenommen werden, so werden jedem einzelnen Tier, nachdem es notiert worden ist, die Schwanzhaare glatt abgeschnitten, so daß man jederzeit erkennen kann, ob das Stück schon gezählt worden ist oder nicht. Das nennt man »square-tail-muster«.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003