Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Ein stimmbegabter Sänger.

und Wiese dahinströmenden Gebirgsflüßchens in Deutschland hören kann, wird man auch vergeblich an der Küste des tropischen Afrika, in den Wäldern von Ceylon und Java, am Strande des Ganges und der Yumna suchen. Ich wenigstens habe es dort nicht gehört. Und auch in den australischen Buschwäldern wird der Morgen von frohen Vogelstimmen begrüßt; man muß nur eben früh aufstehen, um sie zu hören. Denn die rasch zum Zenith eilende Sonne läßt dieselben früher verstummen, als die Sonne unsrer Breiten.

Wie oft erweckten mich morgens in meinem Zelte die eigentümlichen,

lautschallenden Töne des »Leather head«, Tropidorhynchus buceroides, der Ptilotis und andrer Meliphagiden. Von wirklicher Schönheit ist aber der prächtige Frühgesang eines häherartigen Rabenvogels, Gymnorhina tibicen, der mit seinen kräftigen Flötentönen jeden Morgen den schweigenden Busch wiederhallen ließ. Das Gefieder dieses Vogels ist ein kräftiges

Australischer Flötenvogel. Gymnorhina tibicen.

Schwarz, und die

weiße Zeichnung des Nackens und der Flügel- und Schwanzdeckfedern steht mit diesem in einem lebhaften und angenehmen Kontrast. Wie unsre Häher ist er ein dreister, lebhafter Gesell, der den Menschen nicht im geringsten scheut. Seine Nahrung besteht aus Insekten, besonders Grashüpfern und Heuschrecken aller Art; doch greift er auch kleinere Reptilien an und wird der jungen Vogelbrut gefährlich. Der Gesang der einzelnen Vögel ist nach Melodie und Klang kein gleichartiger; es gibt unter ihnen Stümper und es gibt wahre Künstler. Noch heute kann ich mir die Töne ins Gedächtnis zurückrufen, die


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003