Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Ein zweiter Professor in Gayndah. 77

ein andrer Professor in Gayndah.« »Was für ein Professor?« »Einer der auch den Burnett-Salm (Ceratodus) sucht.« Mehr war aus dem Manne nicht herauszubringen. Natürlich interessierte mich diese Nachricht auf das Höchste. Das wäre doch ein merkwürdiges Zusammentreffen gewesen, wenn gerade in demselben Jahre und zu derselben Zeit, in welcher ich diesen entlegenen Erdenwinkel aufgesucht hatte, ein andrer Naturforscher in ganz derselben Absicht hierher gekommen wäre. Die Sache schien mir so unwahrscheinlich, daß ich es für das Klügste hielt, mich nicht weiter um sie zu kümmern. Vielleicht war es jemand, der für die Museen in Brisbane oder Sydney sammelte, oder sonst irgend welche naturwissenschaftlichen Interessen an den Tag legte und deshalb sofort mit dem Titel Professor bezeichnet wurde, mit dem die Briten sehr freigebig sind. Professor nennt sich in Australien auch der Verkäufer von Geheimmitteln und der wandernde Zahnarzt. Ja ich traf sogar einmal einen Mann mit einer Laterna magica an, der im Umherziehen Vorstellungen gab und allgemein Professor tituliert wurde.

Als ich in mein Camp zurückgekehrt war, kam Frank atemlos und freudestrahlend angerannt. Er brachte in einem Glase einige Gallertschalen, wie wir sie beim Froschlaich als glashelle Hülle das Ei umgeben sehen, und behauptete, dies seien die Hüllen der Cera-todus-Eier, aus denen die Jungen schon ausgeschlüpft wären. Er hatte dieselben im Fluß, aber nicht zwischen Wasserpflanzen, sondern in einer kleinen Vertiefung des Grundes gefunden. Da ich 20 Mark als Belohnung für den ausgesetzt hatte, der mir zuerst Ceratodus-laich bringen würde, glaubte er des Preises schon sicher zu sein. Ich sagte ihm aber natürlich, ich wolle nicht die leeren Hüllen, sondern die ganzen Eier; auch müsse erst der Beweis geliefert werden, daß dies Cerotoduslaich und nicht etwa Froschlaich wäre. Die Sache schien mir immerhin so bemerkenswert, daß ich sofort noch einmal nach Coonambula ritt, um Herrn McCord die Eihüllen zu zeigen. Derselbe kannte die Ceratodus-Eier von der Zeit her, als Herr Cald-well vor 10 Jahren bei ihm gewohnt hatte, genau dieselben Ziele verfolgend, denen ich jetzt nachging. Übrigens stand Herr McCord auch sonst noch in einem besonders nahen Verhältnis zu diesem merkwürdigsten aller Fische. Ceratodus ist nämlich durch seinen Vetter, Herrn William Forster, für die Wissenschaft entdeckt und deshalb Ceratodus forsteri benannt worden. Forster war früher selbst Squatter am Burnett gewesen und hatte neben seinen Berufsgeschäften stets eifrig die Naturwissenschaften gepflegt. Als er später nach Sydney übersiedelte, machte er dem Curator des dortigen Museums


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003