Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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76 Das Camp am Auburn.

verbunden, und die ganze Rinde sodann in einem Stück vom Baum-cylinder abgestreift. Darauf wird die abgestreifte Rindenplatte flach auf den Boden ausgebreitet und mit schweren Holz- oder Steinplatten beschwert, so daß sie sich nicht mehr einrollen kann. Auf diese Weise erhält man mehrere Meter breite und hohe Rindenplatten, die sich vorzüglich dazu eignen, die Holzgerüste auszukleiden und zu decken. Solche Rindenhäuser gewähren in der heißen Jahreszeit einen viel kühleren Aufenthalt als die Zelte. Freilich dauert die Herrlichkeit nicht lange; denn im Laufe der Zeit wirft und zieht sich die Rinde, das ursprünglich glatt und schmuck aussehende Gebäude bekommt hier und da architektonisch unmotivierte Vorsprünge und Einsenkungen, es entstehen Risse und Spalten, und wer mehrere Jahre an einem Orte verweilen will, der tut besser, sein Haus aus einem festeren Stoff herzustellen, als es die »eiserne Rinde« der Euca-lypten ist, das einzige Baumaterial der australischen Eingeborenen in diesen Gegenden.

Die Schwarzen brachten mir während dieser Zeit fortdauernd weibliche Echidna und ziemliche Mengen von Beuteltieren; die meisten Ameisenigel hatten jetzt schon große Junge im Beutel. So gute Resultate wie am Anfang hatte ich aber nicht, denn der Eifer der Schwarzen war, seit sie nicht mehr bar ausgezahlt wurden, erheblich erlahmt, und es gährte fortwährend eine gewisse Unzufriedenheit unter ihnen. Für Ornithorhynchus erwies sich die Stelle, an der wir kampierten, überhaupt nicht so günstig, wie ich anfangs angenommen hatte. Es waren scheinbar alle Bedingungen vorhanden, um für die Tiere einen günstigen Standort zu schaffen: ein sehr tiefes, weit ausgedehntes »waterhole«, in welchem das Wasser kaum merklich strömte, und ansteigende, dicht mit tea-trees bewachsene Ufer. Dennoch mußte wohl irgend etwas fehlen oder zu viel sein, was wir mit unsern menschlichen Sinnen nicht wahrnehmen konnten, kurzum es gab fast gar keine Schnabeltiere an der Auburnmündung. Die Flüsse waren noch hoch, reißend und trüb, und es war uns bisher immer noch nicht gelungen, Stellen mit einer reichlichen Vegetation von Wasserpflanzen aufzufinden.

Der 20. September war ein Sonntag und ich machte mich schon in aller Frühe auf, um in Coonambula einen Besuch abzustatten. Als ich am nächsten Morgen in mein Camp zurückritt und zunächst ein Stück lang der Wagenspur folgte, die von Coonambula nach Gayndah führt, begegnete mir die Coach, die wöchentlich zweimal auf diesem Wege Gayndah mit Eidsvold verbindet. Der Coachman Bates rief mir, als ich ihn im Vorbeireiten grüßte, zu: »Jetzt ist noch


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003