Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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62 Erste Erfahrungen im Busch.

gibt es überhaupt kein Bargeld mehr; alles wird nur aufgeschrieben und am Ende ausgezahlt.« Darauf ziemlich lange Gesichter, aber kein ernstlicher Widerspruch. Frau Corrie, der ich am nächsten Tage meinen Besuch abstattete, war natürlich zunächst ganz unschuldiges Lamm; ihr Leugnen nützte ihr jedoch nichts, und schließlich bat sie mich ganz zerknirscht, eine arme alte Wittwe nicht unglücklich zu machen, und versprach mir, daß so etwas nicht wieder vorkommen sollte.

In den nächsten Tagen nahm wieder alles seinen gewöhnlichen Verlauf, ich jagte Ornithorhynchus und suchte nach Ceratoduslaich, die Schwarzen zogen in die Scrubs, um Echidna zu fangen; aber ihr Eifer war sehr erkaltet, seit die Hoffnung auf bar Geld und eine tüchtige Kneiperei am Schluß jeder Woche nicht mehr winkte. Nie mehr erreichte ich in dieser Campagne die guten Resultate, die ich in der ersten Woche gehabt hatte.

Man wird sich vielleicht wundern, warum ich die Excesse der Schwarzen so sorgfältig verhinderte, selbst auf Kosten meiner eigenen Erfolge; denn diese wären sicher besser gewesen, wenn ich die alte Zahlungsmethode beibehalten hätte. Ich will offen gestehen, daß es nicht sowohl der Abscheu gegen Trunkenheit war, die mein Verhalten bestimmte, als vielmehr die Furcht, mich in ernste Schwierigkeiten zu verwickeln. Die Schwarzen am Burnett sind gegenwärtig friedlich, und werden sich nicht an einem Weißen vergreifen. Selbst wenn ihr Blut durch Spirituosen erhitzt gewesen wäre, hätte ich mich persönlich leicht vor ihnen schützen können. Gefährlich sind die australischen Schwarzen nur, wenn sie einem von einem Hinterhalt auflauern, nicht wenn sie einem offen entgegentreten, wie es der durch Alkoholgenuß erregte Mensch stets zu tun geneigt ist. Die Gefahr lag vielmehr darin, daß sie bei einer solchen trunkenen Orgie untereinander in Unfrieden geraten und sich töten könnten, was häufig genug vorkommt. Für gewöhnlich pflegen sie ihre Zwistigkeiten zu besonderer Zeit und am besonderen Ort bei einer Corrobori auszumachen, wie es bei ihnen allgeheiligte Sitte ist. Das Teufelsgetränk der Weißen ist aber im stände alte Sitten und wohlgepflegte Überlieferungen zu zerstören. Und so war es geraten, Vorkommnisse unmöglich zu machen, die unter Umständen meine Tätigkeit auf lange hin hätten lahm legen können.

Nach Ablauf der nächsten Woche meinten die Schwarzen, sie hätten die nahe gelegenen Scrubs nun ziemlich erschöpft, und es wäre das Beste, eine andre Gegend aufzusuchen. Sie schlugen einen dichten Scrub an einem Nebenfluß des Boyne, Jimmys-Creek, vor,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003