Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Entenjagd. g g

Camp hielt. Dieser Platz war nur etwa 10 Kilometer von der Station Coonambula entfernt und liegt gerade an der Stelle, wo der Auburn, ein rechter Nebenfluß des Burnett, sich in diesen ergießt. Das Bett des Auburn ist von dieser Stelle an bis 2 Kilometer aufwärts außerordentlich vertieft, und das Wasser hat hier so gut wie gar kein Gefalle. Solche Vertiefungen im Flusse bilden den Lieblingsaufenthalt sowohl der Schnabeltiere als auch des Ceratodus, und deshalb erschien die Örtlichkeit für meine Zwecke außerordentlich passend. 3 Kilometer weiter stromabwärts ergießt sich der Boyne in den Burnett. Vom linken Burnettufer aus betrachtet, gewährt die von dichten tea-trees umwachsene Mündung des Auburn einen ganz reizenden Anblick, eine Flußlandschaft, wie man sie sonst in Queens-land nur selten sieht.

Ehe wir diese Stelle besuchten, führte mich mein Wirt zu einem kleinen sumpfigen See, an dem er häufig wilde Enten und Gänse zu schießen pflegte. Im Burnettgebiet gibt es eine große Artenzahl von Wildenten und Wildgänsen. Zwei Arten sind aber besonders häufig und bra'chten eine angenehme Abwechslung in unsere einförmige Speisekarte. Die eine ist eine echte Wildente, die unserer Stockente, Anas boschas, in Aussehen, Geschmack und Lebensgewohnheiten ganz nahe steht; nur ist ihr Gefieder viel unscheinbarer, auch sind die Männchen nicht merklich lebhafter gefärbt als die Weibchen. Von den Kolonisten wird sie »black duck« genannt, ihr wissenschaftlicher Name ist Anas superciliosa. Die andre Art, die am Burnett als »wood duck« bezeichnet wird, ist keine wirkliche Ente, sondern steht den Bernikelgänsen nahe und heißt mit ihrem wissenschaftlichen Namen Chlamydochen jubata. Beide Arten sind leicht zu erlegen, wenn man sie in Gegenden jagt, in denen sie wenig oder keine Verfolgungen erlitten haben und den Menschen noch nicht kennen. Wenn ich mein Camp in neue Jagdgründe verlegte, machte es mir immer in den ersten Tagen meines Aufenthaltes keine Schwierigkeit, mich an die Wasservögel heranzuschleichen und zu Schuß zu kommen. In unglaublich kurzer Zeit aber wurden jedesmal die Tiere durch Erfahrung klug und standen dann an Vorsicht und Schlauheit ihren europäischen Verwandten nicht im mindesten nach. Wildente und Wildgans gehören zu den klügsten und vorsichtigsten Vögeln, die es überhaupt gibt, und derjenige, der nur unsere durch Domestikation um ihren natürlichen Verstand gekommenen Hausenten und Hausgänse kennt, hat keine Ahnung davon,

wie viel Beobachtungsgabe und Urteilskraft in so einem Vogelkopf stecken kann, und wie unangebracht dem Jäger das vielgebrauchte


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003