Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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52 Erste Erfahrungen im Busch.

Eiern des Ameisenigels, auch einige Beuteljunge dieses Geschöpfes durch die Schwarzen erhalten. Die von mir untersuchten Beuteltiere besaßen alle schon größere Beuteljunge, keine der für die anatomische Untersuchung besonders wertvollen jüngeren Stadien. Ich war also für diese Tiere schon zu spät gekommen. Aber dies ließ sich verschmerzen in Anbetracht meiner Erfolge mit den ungleich wichtigeren eierlegenden Säugetieren. Auch hatte ich gefunden, daß die Brunstzeit des Beutelbären, Phascolarctos cinereus, noch bevorstand. Ich konnte also hoffen, wenigstens von diesem Beuteltiere eine Entwicklungsserie zu beschaffen. Eier des Lungenfisches Cera-todus waren allerdings noch nicht gefunden. Ja wir hatten noch nicht ernstlich Anstalten gemacht, nach ihnen zu suchen, da Frank mich versicherte, daß das augenblicklich in dem trüben Wasser der angeschwollenen Flüsse unmöglich wäre. Er vermaß sich aber hoch und teuer, sie mir ohne Schwierigkeit zu beschaffen, wenn der Wasserstand etwas niedriger, das Wasser selbst durchsichtiger sein würde. Leider schenkte ich den Versicherungen dieses Schwätzers, der, wie ich später herausfand, von seinen eigenen Stammesgenossen ziemlich verächtlich angesehen wurde, allzu geneigtes Gehör.

Am nächsten Tage sollte Ruhetag sein, und ich machte mich nach Coonambula auf, um dem Besitzer dieser ausgedehnten Großpacht, Herrn W. F. McCord, meinen Besuch abzustatten und ihn um die Erlaubnis zu bitten, auf seinem Gebiet kampieren und jagen zu dürfen. Ich war nun allerdings vorher noch nicht in Coonambula gewesen, und da ich größtenteils ohne Weg und Steg zu reiten hatte, so war ich selbst etwas neugierig, ob und wie ich mich nach dem etwa 30 Kilometer von meinem Lager entfernten Squattersitze, hier allgemein »Station« genannt, hinfinden würde. Sich ohne Weg und Steg zurecht zu finden und aufs Geratewohl nach Orten zu reisen, deren Lage man nur ganz im allgemeinen nach Himmelsgegend und Entfernung kennt, ist in Australien etwas ganz Selbstverständliches. Es fällt auch Niemandem ein, sich dabei eines Kompasses zu bedienen. Bei dem fast immer klaren, wolkenlosen Himmel genügt die Stellung der Sonne, die in der südlichen Hemisphäre mittags natürlich im Norden steht, um sich über die Himmelsrichtung zu orien-terien. Ferner hat man dann noch auf den Lauf der Flüsse, die Richtung der Bergzüge zu achten, und der kundige Buschmann findet sich auf diese Weise im fremden Gebiet ebenso sicher zurecht wie der Europäer in einem Kulturlande, das Chausseen und Wegweiser zu seiner Verfügung stellt.

Da ich damals meines Wegs noch so gar nicht sicher war,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003