Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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48 Erste Erfahrungen im Busch.

genau beobachten, was über ihm am ansteigenden Flußufer vor sich geht. Ebenso scharf ist sein Gehör, und der geringste verdächtige Laut genügt, um das scheue Tier zu verscheuchen. Es ist deshalb ein vergebliches Bemühen, sich heranschleichen zu wollen, so lange es an der Oberfläche verweilt. Man hat regungslos wie eine Bildsäule stehen zu bleiben, bis es untergetaucht ist, dann springt man sofort vorwärts auf die Stelle zu, an der es verschwunden; sowie es auftaucht, bleibt man wieder stehen, und dies wiederholt man, bis man auf Schußweite herangekommen ist. Man hat sich ganz ähnlich zu verhalten wie beim Anspringen eines Auerhahns. Ist man auf Schußweite heran, so erwartet man mit gehobenem Gewehr das erneute Wiederauftauchen des Wildes. Denn schon das Erheben der Flinte würde genügen, um das Tier zu erschrecken und auf Nimmerwiedersehen zu verscheuchen. Einmal verscheucht, läßt sich das Schnabeltier an demselben Morgen oder Abend sicher nicht wieder blicken. Als ich erst einmal diese Methode heraus hatte, ist mir kaum jemals ein Schnabeltier entgangen, obwohl seine Jagd bei den Kolonisten für eine schwierige gilt.

Auch das ist ein falsches Vorurteil, daß das Tier zähe und schwer zu erlegen sei. Ein jeder Treffer tötet es, selbst wenn er nicht den Kopf, sondern nur den Leib trifft. Die entgegengesetzte Ansicht kann nur dadurch entstanden sein, daß man auf das Tier im Moment des Untertauchens schoß und es einfach fehlte. Es lag mir daran, eine Reihe von gut erhaltenen Schnabeltiergehirnen zu erlangen und deshalb zielte ich niemals auf den Kopf, sondern immer nur auf den Leib des Tieres und bediente mich auch nur feiner Schrotsorten, Nr. 6 oder Nr. 8; dennoch habe ich mein Wild regelmäßig erlegt. Gewöhnlich lagen die Tiere im Feuer, einigemale hatten sie noch etwas Lebenskraft und versuchten dann regelmäßig durch Tauchen den einen unter Wasser gelegenen Eingang zu erreichen und so zu entkommen. Niemals sah ich sie den Versuch machen, durch den ändern über Wasser befindlichen Zugang ihren Bau zu gewinnen. Sind die Tiere jedoch schwer verwundet, so sind ihre Versuche zu tauchen fruchtlos, da der Körper spezifisch bedeutend leichter ist als das Wasser, und es zum Tauchen eines bedeutenden Kraftaufwands bedarf. Die angeschossenen Tiere hörte ich einigemale ein dumpfes Stöhnen ausstoßen. Bennett, der verschiedene Exemplare längere Zeit gefangen gehalten und genau beobachtet hat, berichtet von brummenden, knurrenden, quiekenden und pfeifenden Lauten, die sie auszustoßen pflegten, wenn sie miteinander spielten oder wenn sie sich gegenseitig signalisierten.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003