Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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30 Erste Erfahrungen im Busch.

ebenso charakteristisch sind wie der Buschwald selbst. An gewissen Strecken in der Nähe der Küste auf Bergeshöhen und in feuchten Schluchten im Norden von Queensland gibt es echte tropische Urwälder, die der Australier als »tropical scrub« bezeichnet. Der tropische Scrub und der Scrub im eigentlichen Sinne des Wortes sind streng auseinanderzuhalten; ihre Physiognomie ist die denkbar verschiedenste, und die Bedingungen ihrer Entstehung sind gerade die entgegengesetzten.

Der tropische Scrub ist wie gesagt ein echter Urwald mit Palmen, Baumfarnen, Ficus, Kletterpalmen, Lianen, Orchideen und allem sonstigen Zubehör. Er bildet sich da, wo unter einer tropischen oder subtropischen Sonne einigermaßen regelmäßige Niederschläge erfolgen. Der Scrub im wahren Sinne des Worts aber entsteht da, wo das eigentliche australische Klima herrscht, reichliche Niederschlage mit oft Jahre lang andauernden Dürren wechseln. Die Bedingung seiner Entstehung ist an die Bodenbeschaffenheit geknüpft; dieselbe muß kurz gesagt eine sumpfige sein. Betritt man in sehr dürren Zeiten einen Scrub, so kann man allerdings stellenweise seinen Boden auch trocken, hart, voller Risse und Sprünge finden. In feuchteren Zeiten ist das anders. Man sieht dann in vielen Scrubs kleine Sümpfe, Teiche, Lagunen, und ganz allgemein ist dort der Boden weicher und sumpfiger als im offenen Busch. Es müssen im Gebiet des Scrubs unter der oberflächlichen Bodenschicht undurchlässige Schichten das rasche Hindurchsickern der niedergeschlagenen Feuchtigkeit in die Tiefe verhindern.

Diese größere Bodenfeuchtigkeit ist es, die einen viel dichteren Pflanzenwuchs möglich macht, als er im offenen Busch zu finden ist. Dabei sind es aber ganz besondere Pflanzenarten, die, den eigentümlichen Verhältnissen angepaßt, sich da finden, wo die echten Scrubs sich entfalten. Es müssen eben Pflanzen sein, denen eine bedeutende Bodenfeuchtigkeit zusagt, die aber ihre Laubkronen monate-und jahrelang in einer wasserdampfarmen, beinah wasserdampffreien Atmosphäre baden können, ohne dadurch Schaden zu leiden. Im Burnettdistrikt sind es vor allem gewisse Akazien, die diesen Anforderungen genügen, in erster Linie die Acazia harpophylla, von den Ansiedlern »Brigalow« genannt, die den Hauptbestand der Oueensländer Scrubs ausmachen. Dazwischen findet man Melaleuca-und Callistemon-Arten, die »tea-trees« der Australier, Casuarina glauca, die »scrub-oak«, ferner Myrtus- und Eugenia-Arten, die »Myrtle« der Kolonisten, Eremophila mitchelli, »Sandal wood«, und endlich vereinzelt die abenteuerlichen »Bottle trees«, Sterculia


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003