Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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24 Reise ins Land hinein.

lässigen Reisebegleiters. Denn obgleich ich schon vorher weite Reisen gemacht und fern von der Kultur in wilden Gegenden gelebt hatte, war es mir doch klar, daß die Technik des Buschlebens in Australien eine ganz eigenartige sei, und daß ich mich vollkommen als Neuling zu betrachten und viel zu lernen habe. Der Umstand, daß ich mir dessen von vornherein bewußt war, daß ich gleich in Gayn-dah verschiedene erfahrene und vernünftige Ratgeber fand und ihre Ratschläge auch beherzigte, vor allem aber daß mein hier erworbener Begleiter sich als ein ausgezeichneter vertrauenswürdiger Lehrmeister erwies, hat es bewirkt, daß das Lehrgeld, welches ich für meine australischen Erfahrungen zu zahlen hatte, ein verschwindend kleines gewesen ist.

Eduard Dahlke, mein Begleiter während meines ganzen Buschlebens am Burnett, also zusammen während fast neun Monaten, war als vierjähriges Kind mit seinen Eltern von Deutschland nach Australien ausgewandert. Sein Vater stammte aus Angermünde und war in Deutschland Bauarbeiter gewesen. Nach mannigfachen Schicksalen in Australien war die Familie nach Queensland und endlich in das ferne Gayndah verschlagen worden und lebte dort nun schon seit langer Zeit auf einer kleinen, von ihr selbst gegründeten Farm. Die Eltern hatten trotz eines dreißigjährigen Aufenthalts in Australien die englische Sprache nur unvollkommen gelernt. Die Kinder, ein Sohn und eine Tochter, dagegen waren gänzlich zu Engländern oder besser Australiern geworden und sprachen das Deutsche höchst mangelhaft.

Außer der Dahlkeschen gab es in Gayndah noch verschiedene andre deutsche Farmen, und ihren Inhabern wurde allgemein von selten der britischen Ansiedler und Squatters das beste Zeugnis ausgestellt. Dies gilt ganz allgemein für Queensland, ja für ganz Australien. Verschiedene urteilsfähige Australier britischer Herkunft haben mir versichert, daß die strebsamen, fleißigen und genügsamen Deutschen als Pionieransiedler und Farmer von keinem anderen europäischen Stamm übertroffen, ja wohl von keinem erreicht würden. Vielleicht fehle ihnen etwas der Unternehmungsgeist im großen Stile. Aber dies rührt wohl hauptsächlich daher, daß fast nur Deutsche aus den niederen Ständen und aus kleinen Verhältnissen im australischen Busch als Farmer und Kolonisten wirken. Unter den Squatters, die sich von Hause aus ganz vorwiegend aus den vermögenden Klassen rekrutieren, finden sich in Queensland so gut wie keine Deutschen. Umsomehr drängen sich deutsche Kaufleute und Gewerbtreibende in den großen Zentren an der Küste. Auf


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003