Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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22 Reise ins Land hinein.

deren aus, und ganz schlecht mit dem Ameisenigel Echidna, zu dessen Fang der unvergleichliche Spürsinn und das Falkenauge der Schwarzen gehört, die die Spuren dieses Geschöpfes auf hartem Felsboden entdecken und die ihnen in die unwegsamen Dickichte oder »Scrubs« nachgehen.

Meine frohen Erwartungen, die sich noch steigerten, als ich im Eileiter verschiedener von mir und meinen Helfern geschossener Schnabeltiere in der Furchung begriffene Eier fand, wurden also bald abgekühlt, und ich begann ernstlich zu erwägen, ob ich nicht besser täte, tiefer in den unberührten Busch zu ziehen und meine Zelte jedesmal dort aufzuschlagen, wo das Tierleben am reichsten, die Bedingungen zum Fange und zur Jagd am günstigsten wären. Zwar rieten mir verschiedene meiner neuen Freunde in Gayndah von diesem Plane ab; sie hoben die Schwierigkeiten des Lebens und besonders des wissenschaftlichen Sammelns im Busch hervor und meinten, mit der Zeit würde ich auch in der näheren Umgebung Gayndahs alles finden, was ich suchte. Ich hatte aber ein gewisses instinktives Gefühl, daß die guten Ratschläge nicht ganz aus selbstlosen Motiven entsprängen. In diesem abgelegenen Erdenwinkel bietet die Anwesenheit eines Fremden eine angenehme Abwechslung für die Bewohner, besonders für diejenigen, welche nicht zu sehr mit Geschäften überhäuft sind. Sein Tun und Treiben ist Gegenstand der Beobachtung und kritischen Musterung; man unterhält sich gern mit ihm über seine Eindrücke von Australien, Queens-land, Brisbane und der engeren Heimat. Seine Unerfahrenheit im Buschleben, seine naive Unkenntnis mancher Dinge, die den guten Leuten selbst in Fleisch und Blut übergegangen sind, ist eine Quelle gutmütiger Heiterkeit. Der Australier im Inneren setzt den frisch von Europa angekommenen Fremdling, überhaupt den Neuling im Buschleben in eine besondere Kategorie, er bezeichnet ihn als einen »new chum« und stellt ihm mit Stolz den erfahrenen Pionier, den »old bushman« gegenüber. So wenig ich nun dagegen einzuwenden hatte, als eine Art Schaustück, ein Objekt allgemeiner Unterhaltung in Gayndah zu figurieren, so konnte ich dies doch unmöglich als die Hauptaufgabe meiner weiten Reise betrachten. Es 'war aber immerhin eine schwierige Frage für mich, ob ich bei einem Zeltleben im tiefen Busch in größerer Entfernung von allen Hilfsmitteln und aller Kommunikation meinen Zielen besser dienen würde als hier in Gayndah. Der schwarze Eingeborene Frank, der mittlerweile wieder aufgetaucht war, behauptete das allerdings, aber dem standen die Ratschläge der meisten weißen Ansiedler gegenüber.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003