Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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8 Von Jena bis Queensland.

und besten Kenner seiner Flora, der mich freundlich aufnahm und bereitwillig mit Rat für meine ferneren Reisepläne unterstützte.

In Sydney verweilte ich eine Woche und benutzte dieselbe, um mich ein wenig über australische Verhältnisse, Queensland, Reisen und Leben im Innern zu orientieren. Sydney kann mit Recht stolz sein auf seine Lage und besonders auf seinen Hafen, Port Jackson, der zu den herrlichsten der Welt gehört. Dieses Zeugnis möchte ich ihm ausstellen nicht wegen seiner Schönheit, die beispielsweise von der Neapels weit übertroffen wird, sondern wegen seiner Eigenartigkeit. In seiner Topographie erinnert Port Jackson an einen norwegischen Fjord, und zwar einen Fjord, dessen Ufer von niederen Hügeln, nicht von hohen Bergen umrahmt werden, etwa wie am Christianiafjord. Ich habe seit meinem Besuch Australiens Christiania gesehen und war überrascht, im hohen Norden Europas ein Gegenstück zu der australischen Hafenstadt wiederzufinden. Der unregelmäßig gekrümmte Hauptfjord, an dem Sydney liegt, läuft in den sogenannten Paramatta River aus, keinen Fluß, sondern einen langen schmalen Meeresarm. Vom Hauptfjord aus erstrecken sich nach beiden Seiten vielgestaltige Seitenarme. Baien, Buchten in unabsehbarer Menge; hier und da sind kleine hügelige Inseln eingestreut, alle Ufer bis zum Meere herab mit Baumwuchs und Gärten bedeckt, aus denen zahllose Häuser und Villen hervorschimmern, während das blaue Wasser von großen und kleinen Dampfern, Segelschiffen und Booten belebt wird.

Diese Verteilung von Land und Wasser, von Vorgebirgen, bewaldeten Höhen, Inseln und Buchten, der Kontrast von blauem Meer, rötlichem Gestein, grüner Vegetation und hellschimmernden Häusern macht unter dem klaren australischen Himmel einen unvergleichlichen Eindruck, der weniger wegen seiner Großartigkeit als wegen seiner Eigenart und Frische Jedem, der ihn genießen durfte, unvergeßlich bleiben wird. Der wohlgepflegte halbtropische botanische Garten an der Nordspitze der Halbinsel, auf der die eigentliche Stadt Hegt, übertrifft seiner Lage nach wohl alle botanischen Gärten der Welt.

Ich verbrachte viele Stunden täglich in dem ausgezeichneten naturwissenschaftlichen und ethnographischen Museum, in dem sich der Gemeinsinn des jungen Kulturlandes ebenso zeigt wie in den prächtigen öffentlichen Gebäuden, der schönen Universität, den vortrefflichen wissenschaftlichen Instituten, überhaupt der sorgfältigen Pflege der Wissenschaft. Von meinen naturwissenschaftlichen Kollegen an der Universität und den Instituten und Museen Sydneys wurde ich sehr zuvorkommend aufgenommen. Auf das liebenswürdigste nahm


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003