Ernst Haeckel: Briefe an die Eltern

74. Brief

Würzburg, Samstag früh, 8. 12. 1855.

Mein liebes, gutes Mütterchen!

. . . Daß mich Richthofens großartige Reiseaussichten mächtig erregt haben, könnt Ihr Euch denken. Jede solche Nachricht bringt jetzt in meinem unruhigen Sinn ein ganzes Heer revolutionärer Reisegedanken auf die Beine. Ich muß mich ordentlich in acht nehmen, Reisebeschreibungen usw. zu lesen. Denn sowie ich von den neuen Entdeckungen in fernen Tropenländern höre, haben meine Gedanken gleich nichts Eiligeres zu tun, als sich die ganze Fauna und Flora dieses Landes en détail auszumalen. So wirkt z. B. das Lesen von "Petermanns Nachrichten aus J. Perthes' Geographischem Institut", welche Papa wohl auch kennt, und welche hier auf der Harmonie aushängen, entschieden verderblich. Als ich neulich darin die Nachrichten von Vogels Reise in Afrika, besonders aber von den Gletscherpartien der Gebrüder Schlaginweit auf dem Himalaja las, träumte mein rebellischer Sinn die folgenden Tage von nichts als Reisen und immer wieder Reisen! . . .




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Erstellt von Christoph Sommer am 02.07.1999