Berg- und Seefahrten (1923)

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d. h. der gute Gewinn des hohen Überfahrtspreises, war Gegenstand eines lebhaften Streites, den wir endlich dadurch beendigten, daß wir in eines der vielen, an der Schiffseite liegenden Boote hinabstiegen. Mit kräftigen Ruderschlägen brachten uns die Neger, welche dasselbe führten, durch die wilde Brandung geschickt zum Hafendamm, und wir betraten mittags 12 Uhr am 4. März zum ersten Male den Boden des afrikanischen Festlandes.

Zunächst wendeten wir uns, ein Labyrinth von unterirdischen Kasematten durchschreitend, nach der Fonda des arabischzen Juden Abraham, dem einzigen Hotel, welches in Mogador existiert, und welches uns in seinem, sehr schmutzigen, durch zahlreiche Wanzen und Moskitos belebten Räumen (Zimmer kann man diese fensterlosen Löcher kaum nennen) gastliche Aufnahme gewährte.

Gleich nach unserer Ankunft meldeten sich bereits verschiedene, malerisch kostümierte Araber, um uns als Cicerones die Stadt und ihre Merkwürdigkeiten zu zeigen. Derartige Führer sind hier schlechterdings nicht zu entbehren, denn die Stadt bildet mit engen, von hohen Mauern eingefaßten Straßen ein solches Labyrinth, daß es selbst nach mehrtägiger Wanderung kaum gelingt, sich auch nur in den Hauptstraßen einigermaßen zurecht zu finden. So wanderten wir denn unter der Führung unseres arabischen Cicerone, der einiges Englisch und Französisch verstand, in der wunderbaren Stadt herum, die uns eine ganz neue Welt eröffnete.

Mogador ist die bedeutendste Handelsstadt an der ganzen Nordwestküste Afrikas und der Knotenpunkt, in welchem die meisten, aus dem Inneren des Kaisertums Marokko kommenden Verkehrsstraßen zusammentreffen. Daher ist die Bevölkerung eine sehr buntgemischte, und der tägliche Verkehr in allen Straßen und Gassen ein sehr lebhafter. Zwar zählt die Stadt nur etwa 20000 Einwohner; aber außerdem ist immer noch eine so große Anzahl von Reisenden aus dem Inneren Marokkos, von Landleuten aus der Umgebung und von durchreisenden Fremden anwesend, daß die Straßen und Gassen stets von dem regsten Verkehr belebt erscheine. Von den Einwohnern ist ungefähr ein Drittel aus Juden, ein Drittel aus echten Marokkanern (berberischen Arabern) und ein Drittel aus Negern und Mischlingen aller Farben gebildet.

Die allgemeine Verkehrssprache ist das Arabische, wie denn überhaupt die Araber die herrschende und tonangebende Nation sind. Die Juden bewohnen ein gesondertes Stadtviertel für sich, welches gänzlich von den arabischen Vierteln verschieden ist. Die Häuser des Judenviertels sind hoch und groß, mit 4-5 Stockwerken, und in jeden Hause wohnt eine größere Anzahl Familien beisammen. Die meisten Häuser haben hier Fenster nach der Straße. Die Häuser der Araber, oder wie sie hier heißen, der "Moros", sind dagegen sehr kleine, niedrige Würfel, da jede Familie ihr eigenes Haus bewohnt; Fenster sind in demselben niemals zu bemerken. Das Innere dieser arabischen Häuser ist ebenso unzugänglich


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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