Berg- und Seefahrten (1923)

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Die Luft ware auf der ganzen ersten Hälfte sehr angenehm kühl, wurde aber oben empfindlich kalt.

Der Weg führte zunächst etwa eine starke Stunde durch gut angebautes Land. Dann folgten 2-3 Stunden dichter immergrüner Laubwald, größtenteils von baumartigem Heidekraut, Erica arborea, gebildet, neben welchem außerdem der kanarische Lorbeer und besonders der falsche Lorbeer, Myrica faya s. Faya fragifera, eine große Rolle spielen. Oberhalb dieses Gürtels folgt eine breite Zone, in welcher fast nur ein seltsamer, fast graugrüner, halbkugeliger Schmetterlingsblütenstrauch, Adenocarpus frankonioides, den Bimsstein zwischen Lavablöcken bedeckt. Endlich gesellt sich ganz oben zu diesem die "Retama blanca" (Cytisus nubigenus), der merkwürdige Ginsterstrauch, welcher schließlich ganz allein einen breiten Vegetationsgürtel um den Pik bildet.

Um 6 Uhr morgens machten wir eine halbstündige Rast an der Estanzia di cera, eine gut geschützte, zwischen Lavablöcken versteckte Stelle, an welcher bald ein lustiges Feuer, von Ginsterbüschen genährt, unsere erstarrten Glieder erwärmte. Um 6 1/2 Uhr gings weiter, über ein ungeheures vulkanisches Plateau 2 Stunden langsam ansteigend, welches ganz mit Bimssteinen und roten oder rotgelben Lavablöcken bedeckt war. Östlich erschien ein prachtvolles Kolossales Felsen-Amphitheater, gegenüber dem kolossalen scharzen Pik-Kegel, dessen schwarze, glatte Wände von weißen Schzneestrahlen zierlich bemalt schien. Nun noch eine halbe Stunde sehr steilen Steigens, und wir waren in der Estanzia dos Ingleses, dem geschützten Halteplatz, bis zu welchem die Maultiere allein aufsteigen können.

Nach einstündiger Rast und nachdem wir ein kaltes Frühstuck eingenommen, brachen wir um 10 Uhr aus der Estanzia dos Ingleses auf Es begann die Besteigung des Kegels, welche äußerst beschwerlich und mühselig war. Alle Lavablöcke waren mit Eis und Schnee überzogen, sodaß das ohnehin sehr schlimme Hinanklettern wirklich gefährlich wurde. Die Anstrengung in der scharfen, dünnen Luft war so arg, daß wir alle schon nach einer Stunde unwohl wurden. Heftige Kopfschmerzen, Kongestionen, Brustbeklemmung stellten sich ein; das Atemholen war sehr erschwert. Einer nach dem anderen wurde so schwach, daß er tiefer oder höher liegen blieb. Nur drei von der ganzen Gesellschaft erreichten den Rand des steilen, abegstutzten Kegels, auf welchem sich isoliert der letzte und höchste Aschenkegel erhebt. Der erste Führer, ich und Herr Wildpret waren diese drei einzigen. Alle anderen hatten sich nach der Estanzia Inglese zurückgeschleppt.

Nun begann aber der schwierigste und gefährlichste Teil der ganzen Arte, die Ersteigung des Piton, des höchsten, sehr steilen und glatten Kegelgipfels. Dieser 700 Fuß hohe Trichter hat ganz glatte Wände, aus lockerer Asche und Bimsstein bestehend, in welche zahlreiche einzelne Lavablöcke eingestreut sind. Der ganze Kegel war mit einer zusammenhängen

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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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