"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

99. Brief

Jena, den 23. März 1875.




Mein liebster, bester Ernst! Heute habe ich Deinen zweiten Brief am Ajaccio erhalten, und lieb hast Du mir geschrieben und für mich allein, Du lieber Herzensmann, wie ich mich nach Dir sehne! Doch da ich so genügsam bin, wie Du mir früher versichertest, so bin ich zufrieben damit, daß Du Dich erholt hast trotz der abscheulichen Seekrankheit, von der ich gar nicht geglaubt habe, daß sie Dich überhaupt noch erfassen könne. Grüße Deine Hertwig-Söhne, ich freue mich, daß sie nett sind und dankbar für ihr Glück, mit einem solchen Lehrer reisen zu dürfen. So häßlich habe ich mir Sardinien gar nicht gedacht und bin froh, daß Ihr nicht lange in der fiebrigen Gegend geblieben seid. Dort muß es ja schrecklich ungesund sein ! -

Uns geht es gut, die Kinder sind sehr munter . . . Von Briefen ist wieder allerhand an Dich angekommen, aber wenig von Bedeutung, ich habe wieder verschiedenen Briefstellern Deine augenblickliche Abwesenheit gemeldet. Wegen eines Briefes aus Darmstadt muß ich Dich aber fragen, er betrifft eine Mißgeburt, Zwillingsknaben, deren Auquisition Du eventuell gewünscht hast. Sie sind vor einigen Wochen gestorben und in Spiritus konserviert. Herr W. hat sich sehr bemüht, sie für Dich zu erstehen, die Eltern verlangen aber maßlos viel für die Leichen (10000 Realen); er hat als Maximun 2000 Realen (250 Gulden) geboten und bittet Dich, einen äußersten Preis zu bestimmen, wenn Du sie haben willst. Ein anderer Brief kam aus Halberstadt, wo Du wieder aufgefordert wirst einen Vortrag zu halten. Weißt Du, daß Du von einem Herrn, Michelot glaube ich heißt er, aus Karlsruhe aufgefordert bist, einen Kampf mit ihm zu wagen; in der Weimarischen Zeitung stand die Aufforderung und im Wochenblatt auch! Das ist spaßhaft! . . . Lebe wohl, liebster Ernst, gib mir wieder so gute Nachricht und nimme Dein teures Leben wohl in acht! . . .





Brief 98..........................................................................................Brief 100



zurück zum Inhaltsverzeichnis




Diese Seite ist Teil von Kurt Stübers online library
erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999