"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

78. Brief

Jena, den 16. April 1872.




Liebster Mann! Eigentlich wollte ich damit beginnen, Dir zu sagen, wie unbeschreiblich Du mir fehlst, wie ich mich nach Dir sehne, meinem Haustyrannen, um den sich alles dreht. Aber da Du selbst gar nichts dergleichen schreibst, keine solchen Schwächen hast, so schweige ich, die stolze Huschkin! - Vor allem freut´s mich herzlich, daß Du Dich wohler fühlst, rege Dich nur nicht in Berlin mit Deinen Schwammtafeln von neuem auf, verspricht mir dies, lieber Ernst, denke an Dein Frauchen und Deine zwei wirklich hoffnungsvollen Sprossen. Sie befinden sich mit der Mama bei gutem Wohlsein und machen ihr den Kopf gehörig warm, sind aber auch wahre Quecksilbernaturen . . .

Daß Deine Mutter ein so hübsches Logis hat, freut mich sehr, es scheint ja gerade die rechte Größe zu haben, und gar nicht teuer finde ich es. Grüße sie herzlich von mir, sie wird froh sein, ihren Professor mal wieder zu besitzen. Von Briefen ist, denke Dir, bis jetzt nur ein einziger an Dich gekommen, aus Triest. Sonst kann ich Dir nichts Neues berichten, lieber Schatz. Es ist ein so entsetzlich langweiliges Nest, dies Jena, die Gegenbaur jammerte mir heute wieder darüber vor, sie habe weiter nichts als täglich eine Portion Unannehmlichkeiten, während ihr dicker Mann eine wunderschöne Reise mache und sich sehr behaglich in Nizza fühle. Ja, wir armen Frauen sind Sklavinnen! . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999