"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

207. Brief

Berlin, 15. April 1898.




Mein geliebtes Röschen! Nachdem ich 2 Tage in dem großen Spree-Babel zugebracht habe, muß ich Dir doch noch einen Herzengruß senden, obgleich ich nichts Besonders zu berichten habe. Ich bin diesmal in der Hauptsache Arbeiter für die schönen "Kunstformen der Natur". Vorgestern brachte ich deshalb den Vormittag in Charlottenburg zu, im Polytechnikum bei Prof. Jacobsthal, gestern im Botanischen Garten und in der Bibliothek. Habe viel Neues und mir Interessantes gefunden. Heute morgen in dem Museum für Kunstgewerbe. Im Theater - wobei ich Dich an meiner Seite wünschte! - war ich zweimal. Dienstag im Deutschen Theater "Johannes" von Sudermann, sehr mäßiges Stück, die biblische Geschichte von Johannes dem Täufer in seltsamer, halb epischer Darstellung; Spiel sehr gut (Kainz, Reicher usw.). Gestern in einer echten Berliner Posse "Die Tugendfalle", im Zentral-Theater, gut gespielt, sehr viel gelacht; eine Masse Berliner Lokal- und politische Witze! Nichts für meine "feine" Frau! . . . Ich werde wohl hier noch 4-6 Tage zu tun haben. Hoffentlich geht es Dir fortdauernd recht gut, meine herzliebe Renata! Mit besten Grüßen und Küssen Dein alter treuer Ernst. Schreibe mir recht bald und recht ausführlich!





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999