"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

133. Brief

Jena, den 30 März. (1878)




Mein geliebter Ernst! Endlich habe ich einen etwas ausführlichen Brief von Dir bekommen, nach dem ich mich so sehr sehnte. Hast Du nur eigentlich alle Briefe bekommen, die ich Dir nach Wien schickte, ich glaube es fast nicht, da Du gar nichts über Lisbeths Windblattern schreibst, was ich Dir nach Wien meldete. Aber Du scheinst dort wahrhaft berauscht von all den Huldigungen gewesen zu sein, es war mir nach all den Zeitungsberichten wirklich zuviel des Guten, und ich glaube, Du hättest Dich etwas mehr in Acht nehmen sollen mit dem, wasw Du sagtest, denn jede Äußerung, jede kleine Plauderei ist gedruckt worden und macht nun in den deutschen Zeitungen viel Spuk, was mir für Dich so leid tut. Es wäre soviel vorteilhafter für Dich und Deine Sache gewesen, wenn einige Jahre nicht und nun besonders in dieser mir wehtuenden Weise von meinem geliebten Mann die Rede gewesen wäre! Besonders die Bemerkung über Virchow hättest Du wohl vor dem Journalistenpublikum besser gelassen. Nun, vor allem bin ich froh, daß Du gesund bist, und freue mich unendlich auf Deine Heimkehr! Es ist zu traurig öde ohne Dich, mein liebster Schatz!

Die Korrektur, die ich Dir nach Wien sandte, hasst Du doch bekommen? Ich wurde danach gefragt. Sonst ist von Briefen nichts Wichtiges angelangt, gestern ein Brief aus Berlin vom Redakteur der Volkszeitung Philippi, der aus der Wiener Presse ersehen hat, daß Du Dich über Teilnahmslosigkeit der deutschen Presse beklagt hast. Ich lege Dir den Brief bei. Sonst kann ich Dir nichts Besonderes berichten, ich lebe meinen Kindern und habe damit genug zu tun. Pohle bat mich heute, Dich an die Anschlagzettel zu erinnern, damit sie zur rechten Zeit hier wären. Der weise Pohle! . . . In treuer Liebe Deine sehnsüchtige Agnes.





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999