Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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11. Ergänzende Bemerkungen über die Tiefseeböden. 215

Öffnung der atlantischen Spalte in dieser emporquellen und im weiteren Verlauf ständig von beiden Seiten her nachfließen; sie wird also zunächst überall den Boden des Ozeans gebildet haben und noch heute den größten Teil desselben bilden. Bei immer weiter gehender Öffnung mußte aber schließlich die Fließfähigkeit auch dieses Materials unzureichend werden und der darunterliegende Dunit fensterartig zutage treten (vgl. Abb. 60). Im Nordmeer, wo die Trennung der Schollen noch nicht weit fortgeschritten ist, wird der Boden -- abgesehen von Granitresten -- ganz aus Basalt bestehen, der hier noch von bedeutender Mächtigkeit sein wird. In den großen Räumen des Pazifik dagegen werden entsprechend große Dunitflächen entblößt sein, während die flacheren Teile auch hier noch die Basaltdecke tragen, die stellenweise sogar von Granitresten gekrönt sein dürfte.

Abb. 60.

Idealer Schnitt durch Kontinentalscholle und Tiefseeboden.

Natürlich ist dies Bild noch ganz hypothetisch. Ich glaube aber an meiner ursprünglichen Annahme eines ziemlich unmittelbaren ehemaligen Zusammenhanges der Kontinentalschollen nach der Gesamtheit der geologischen, biologischen und paläoklimatischen Argumente festhalten zu müssen; die neuen geophysikalischen Untersuchungen widersprechen dem, wie gezeigt wurde, keineswegs, sondern sind umgekehrt, wie es scheint, geeignet, die Schwierigkeit zu beseitigen, die in dem Umstand liegt, daß zwischen solchen, früher offenbar nach ihren Kanten unmittelbar zusammenhängenden Schollen heute unregelmäßige Bodenerhebungen von der Art der mittelatlantischen Schwelle liegen. Daß daneben gelegentlich auch noch die Kontinentalschollen selbst, wie Gutenberg will, sich durch Fließbewegungen „ausgezogen" haben können, soll keineswegs bestritten werden; wir haben an verschiedenen Stellen, wie namentlich beim Ägäischen Meer, von dieser Vorstellung Gebrauch gemacht. Doch dürfte das eigentliche Fließen auch hier auf die tieferen Schichten beschränkt sein, während die Oberflächenschichten durch Brüche zerstückelt werden.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003