Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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206 10. Ergänzende Bemerkungen über die Sialsphäre.

sind hier nicht zu erwarten, da das Sima flüssig genug ist, um alle erforderlichen Bewegungen ohne Diskontinuität, durch reines Fließen, zu ermöglichen. Die Kontinente verhalten sich hier, übertrieben ausgedrückt, wie starre Eisschollen in flüssigem Wasser.

Die Erdoberfläche bietet zahlreiche Anzeichen dafür, daß das Wesen des Vulkanismus in einem passiven Herauspressen der Sima-einschlüsse aus der Sialrinde zu suchen ist. Am schönsten zeigen dies die gebogenen Inselgirlanden. Hier muß durch die Biegung auf der konkaven Innenseite Pressung, auf der konvexen Außenseite Zerrung eintreten. Tatsächlich ist ihr geologischer Bau, wie schon früher erwähnt, von einer auffallenden Gleichförmigkeit: die Innenseite trägt stets eine Reihe von Vulkanen, die Außenseite zeigt keinen Vulkanismus, aber starke Zerklüftung und Verwerfungen. Diese überall wiederkehrende Anordnung der Vulkane ist so auffallend, daß sie mir von der größten Bedeutung für die Frage nach dem Wesen der Vulkane zu sein scheint, v. Lozinski schreibt [191]: „In den Antillen kann man eine vulkanische Innenzone und zwei Außenzonen unterscheiden, von denen die äußerste aus jüngeren Ablagerungen aufgebaut ist und an Höhe zurücktritt (Suess). Der Gegensatz einer hochvulkanischen Innenzone und einer Außenzone mit zurücktretendem Vulkanismus kommt auch in den Molukken (Brouwer) und in Ozeanien (Arldt) zur Geltung. Die Analogie mit der Anordnung von Vulkanzonen auf der Innenseite von Schubzonen, wie im karpathischen oder varistischen Hinterlande, springt in die Augen." Die Lage des Vesuv, Ätna, Stromboli entspricht diesem Schema; von den Inseln des Süd-antillenbogens zwischen Feuerland und Grahamland ist gerade der stark gebogene mittelste Rücken der Süd-Sandwich-InSein basaltisch, und einer seiner Vulkane ist noch tätig. Auf eine besonders interessante Einzelheit von den Sunda-Inseln haben wir schon früher hingewiesen: von den beiden südlichsten Inselketten trägt nur die einheitlich gebogene nördliche Vulkane, nicht die südliche (mit Timor), die, weil Außenkette, unter Zug steht und außerdem durch Kollision mit dem australischen Schelf bereits in umgekehrter Richtung gebogen wird. An einer Stelle aber, bei Wetter, ist auch die nördliche Kette bereits ein wenig eingebeult, weil die südliche (Nordostende von Timor) hier gegen sie drängt; und gerade an dieser Stelle ist auf der nördlichen Kette der Vulkanismus, der früher auch hier tätig war, erloschen, offenbar, weil hier die Biegung zurückgeht. Brouwer macht auch darauf aufmerksam, daß auch die gehobenen Korallen-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003