Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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10. Ergänzende Bemerkungen über die Sialsphäre.

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Abb. 52.

der Küstengebirge. Sie sind als horizontale Großfalten zu betrachten. Es handelt sich hierbei um eine Teilerscheinung in dem gewaltigen Zusammenschub, den das ganze östliche Asien in der Richtung Nordost—Südwest erfahren hat. Macht man den Versuch, diese Schlangenlinie der ostasiatischen Festlandsküste zu glätten, so wächst die Entfernung zwischen Hinterindien und der Beringstraße, die jetzt 9100 km beträgt, auf 11100 km.

Nach unserer Auffassung handelt es sich also bei den Girlanden und insbesondere den ostasiatischen um Randketten, die sich infolge der Westwanderung der Kontinentalmassen von diesen ablösen, indem sie an dem tief erstarrten alten Meeresboden haftenbleiben. Zwischen ihnen und dem Kontinentalrand tritt junger, noch leichtflüssigerer Tiefseeboden fensterartig zutage.

Diese Vorstellung ist eine andere als die, welche F. v. Richthofen, freilich von ganz anderen Voraussetzungen ausgehend, vertreten hat [l86]. Er dachte sich die Girlanden entstanden durch einen vom Pazifik kommenden Zug in der Erdrinde. Zusammen mit

einer breiten Zone des benachbarten Festlandes, die auch durch bogenförmigen Verlauf der Küste und der Erhebungen ausgezeichnet ist, sollten die Inselbögen ein großes Brtichsystem bilden. Das Gebiet zwischen Inselkette und Festlandsküste sei die erste „Landstaffel", welche infolge einer Kippbewegung im Westen unter den Meeresspiegel getaucht sei, während der Ostrand als Inselgirlande herausrage. Auf dem Festlande glaubte v. Richthofen noch zwei weitere derartige Landstaffeln zu sehen, deren Senkung jedoch geringer war. Die regelmäßige Bogenform dieser Brüche bildete zwar eine Schwierigkeit, doch glaubte man, diesen Einwand mit dem Hinweis auf bogenförmige Sprünge im Asphalt und anderen Stoffen entkräften zu können.

So sehr man auch anerkennen muß, daß diese Theorie das historische Verdienst besitzt, zum ersten Male mit dem Dogma von

Schema der Entstehung von Inselgirlanden.

A Querschnitt; B Aufsicht. (Der stark

ausgekühlte Teil des Simas ist durch

Strichelung bezeichnet.)


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003