Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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10. Ergänzende Bemerkungen über die Sialsphäre. 189

bewirkt wird, muß natürlich zu einem Wechsel in der Ausdehnung der Transgressionen führen. Diese Transgressionswechsel müssen dadurch charakterisiert sein, daß sie gleichsinnig auf der ganzen Erde und ohne Störung der Isostasie vor sich gehen. Es läßt sich leicht berechnen, daß durch Bildung einer Eiskappe von der Ausdehnung der quartären oder permokarbonen eine Senkung des Meeresspiegels um etwa 50 bis 100 m bewirkt wird1).

2. Hebungen und Senkungen der Sialoberfläche können auch ohne Störung der Isostasie durch horizontalen Zusammenschub (Gebirgsbildung) bzw. horizontale Streckung der Sialdecke (Bruchbildung an der Oberfläche, Ausziehen der tieferen Schichten) bewirkt werden. Dabei wird die Mächtigkeit der Sialdecke im ersten Falle vergrößert, im zweiten verringert. So sind die Alpen durch Faltung aus

Abb. 47.

Größerer Einbruch durch Dehnung der Unterlage (schematisch).

dem Meere emporgewachsen, während das Gebiet des Ägäischen Meeres unter Bildung zahlreicher Brüche bis auf die Inselreste versunken ist (vgl. die schematische Abb. 47). Diese Vorgänge gehen -- wenn auch lokal dabei mitunter recht erhebliche Schwerestörungen auftreten - - doch grundsätzlich ohne Störung der Isostasie vor sich, wenigstens ohne eine solche, die dem Betrag der Hebung oder Senkung entspricht, sie sind ferner mit erheblichen Änderungen der horizontalen Dimensionen der betroffenen Gebiete verbunden und tragen für die großzügige Betrachtung mehr lokalen als regionalen Charakter. 3. Als weitere Ursachen kommen auch astronomische Änderungen der Erdbewegung in Frage, insbesondere solche, welche eine Änderung der Gleichgewichtsabplattung der Erde bewirken. Denn dieser letzteren Änderung wird der Ozean ohne Verzögerung, der sehr zähflüssige Erdkörper aber mit Verzögerung folgen, wodurch bei zunehmender Abplattung Transgressionen am Äquator und Regressionen an den Polen, bei abnehmender umgekehrt Regressionen

Vgl. Born in [45], S. 141.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003