Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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168 8. Grundsätzliches über Kontinentverschiebungen usw.

Diese Ergebnisse scheinen also zu zeigen, daß die Polwanderung vom Devon zum Perm tatsächlich mit einer Verlagerung der Erdachse im Erdinnern verbunden war.

Allerdings möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß der Versuch einer Fortführung dieser Prüfung für die weiteren erdgeschichtlichen Perioden bisher nicht zu eindeutigen Ergebnissen geführt hat. Die nächsten Perioden der Erdgeschichte haben allerdings so unbedeutende Polwanderungen, daß sie schon aus diesem Grunde für eine solche Prüfung wenig geeignet erscheinen. Aber auch für die Tertiärzeit mit ihrer großen und raschen Polwanderung konnte ich bisher keine klaren Ergebnisse erhalten. Es ist möglich, daß man hier nicht mehr mit den von mir benutzten relativen Polwanderungen auskommt und die Untersuchung auf ausgeglichene Polwanderungen basieren muß. Die größte Schwierigkeit besteht aber zweifellos darin, daß die Transgressionsmeere für die einzelnen Unterabteilungen der Tertiärperiode, auf die es hier wegen der Schnelligkeit der Änderungen ankommt, erst ungenügend oder gar nicht kartiert sind. Ich vermute, zumal mit Rücksicht auf das Folgende, daß dies die Ursache dafür ist, daß sich hier bisher kein klares Bild ergeben will.

Die zweite Prüfungsmethode besteht darin, daß man, anstatt die ganze Erdoberfläche für eine begrenzte Zeitspanne, nur einen bestimmten, gut untersuchten Teil der Erdoberfläche in seinem Verhalten während der ganzen Erdgeschichte (für uns seit dem Karbon) betrachtet und dabei seine Breitenänderungen mit den Transgressionswechseln vergleicht. Denn wenn die Regel: „Vor dem Pol Regression, hinter ihm Transgression", gelten soll, so muß jede Breitenzunahme mit Regression, jede Breitenabnahme mit Transgression verbunden sein. Als Probe habe ich den bestbekannten Kontinent Europa benutzt. Für die Breitenänderung können wir die in Köppen-Wegener [151] für Leipzig abgeleiteten Zahlen benutzen (alles Nordbreiten):

Karbon........... 0°

Perm............ 13

Trias............ 20

Jura............ 19

Kreide........... 18

Eozän........... 15

Miozän........... 39

Beginn des Quartärs..... 53

Jetzt........ .51


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003