Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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136 7. Paläoklimatische Argumente.

Gebieten ist durch die völlige Gleichartigkeit der ganzen Schichtenfolge auch die glaziale Deutung der dortigen verhärteten Blocklehme völlig gesichert. Sie alle lagen, wie Südafrika, unter Inlandeis. In Südamerika und Australien hat man -- ganz entsprechend den quartären Eis- und Intcrglazialzeiten Nordeuropas mehrere übereinanderliegende Blocklehmschichten mit eingeschalteten interglazialen Ablagerungen gefunden. So gibt es im mittleren Teil Ostaustraliens (Neusüdwales) zwei Moränen, getrennt durch kohlenführende Interglazialschichten; das Land wurde hier also zweimal vom Inlandeis überschwemmt, in der Zwischenzeit aber gab es auf der Moränenlandschaft Süßwasserseen, die vermoorten. Südlich davon, in Victoria, hat man aber nur einen Glazialhorizont und nördlich davon, in Queensland, gar keinen. Der südlichste Teil Ostaustraliens war also in diesem Zeitraum ständig unter Eis begraben, über den mittleren stieß das Eis nur zweimal vor, und der nördliche blieb ganz frei. So beginnt sich hier ganz das gleiche Bild zu enthüllen, wie wir es seit langem für das quartäre Eiszeitalter Europas und Nordamerikas kennen. Bei letzterem kann die Wechselfolge von Eiszeiten und Interglazialzeiten auf periodische Änderungen der Erdbewegung und damit des Strahlungsempfangs zurückgeführt werden; daß solche Schwankungen die ganze Erdgeschichte hindurch stattgefunden haben, muß als sicher angenommen werden. Auffallende Erscheinungen konnten sie aber nur hinterlassen zu Zeiten, in denen Inlandeis in den Polarkappen lag. -Alle diese Einzelheiten zeigen klar, daß es sich bei der permo-karbonischen Vereisung der Südkontinente um echtes Inlandeis handelt.

Aber diese Spuren des permokarbonischen Eiszeitalters sind heute weit voneinander getrennt und nehmen fast die Hälfte der ganzen Erdoberfläche ein!

Betrachten wir Abb. 34. Selbst wenn wir den Südpol an die denkbar günstigste Stelle in die Mitte dieser Spuren legen, das ist auf etwa 50° südlicher Breite und 45° östlicher Länge, so bekommen, wie der zu dieser Pollage gehörige Äquator ausweist, die polfernsten Inlandeisspuren in Brasilien, Vorderindien und Ostaustralien eine geographische Breite von nicht ganz 10°, es hätte also Polarklima bis fast zum Äquator geherrscht. Und von der anderen Erdhälfte hätten wir, wie wir vorwegnehmen, nur Spuren tropischer und subtropischer Hitze bis nach Spitzbergen hinauf. Daß dies Ergebnis sinnlos ist, braucht nicht gesagt zu werden. Der Versuch,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003