Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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124 6. Paläontologische und biologische Argumente.

nicht annehmbar, weil Megascolex eine typisch südaustralische Form ist . .."

Im Schlußwort sagt Michaelsen:

„Ich glaube die Ergebnisse meiner Untersuchungen dahin formulieren zu sollen, daß die Verbreitung der Oligochäten keinesfalls gegen die Wegenersche Theorie der Kontinentenverschiebung spricht, daß sie im Gegenteil als eine gute Stütze derselben anzusehen ist und, falls von anderer Seite der endgültige Beweis für diese Theorie erbracht würde, in manchen Einzelheiten zu einem weiteren Ausbau der Theorie benutzt werden könnte1) ..."

„Es mag zum Schluß noch gesagt werden, daß die zu den oben abgedruckten Verbreitungskarten benutzten und diesen Ausführungen zugrunde gelegten Wegenerschen Kartenskizzen ohne Berücksichtigung der Oligochätenverbreitung entstanden sind. Erst nachdem ich ihn auf den bemerkenswerten Einklang der Oligochätenverbreitung mit den seiner Theorie entsprechenden früheren Landverbindungen hinwies, nahm Wegener bei der zweiten, umgearbeiteten Auflage seines Werkes über die Kontinentenverschiebung einzelne Tatsachen der Oligochätenverbreitung in die Begründung seiner Theorie auf. Ich erwähne diese Tatsache, weil sie mir geeignet scheint, die Stützkraft der Oligochätenverbreitung für die Wegenersche Theorie zu stärken."

l) Michaelsen hebt mehrfach hervor, daß die Regenwurmverbreitung auf das zeitweise Bestehen einer Landbrücke über die Bering-straße hinweist, von der er irrtümlich glaubt, daß ich sie ablehnte. Dies ist nie der Fall gewesen. Vielleicht geht das Mißverständnis zurück auf Dieners unrichtige Behauptung [108]: „Wer Nordamerika an Europa heranschiebt, zerreißt seinen Zusammenhang mit der asiatischen Kontinentalscholle an der Beringstraße" - - eine offenbar von der Merkatorkarte abgelesene Täuschung, deren Unhaltbarkeit sofort in die Augen springt, wenn man den Globus zur Hand nimmt und berücksichtigt, daß die Bewegung Nordamerikas relativ zu Europa im wesentlichen in einer Drehung etwa um Alaska bestand (Abstand der Schelfränder Neufundland—Irland 2400 km, Abstand Nordostgrönland —Spitzbergen wenige hundert Kilometer, wenn nicht Null!). Dieselbe Behauptung ist neuerdings wieder von Schuchert [163] wiederholt worden; aber auch er rekonstruiert falsch, indem er Nordamerika nicht um Alaska, sondern um den Nordpol dreht, wozu doch jeder Grund fehlt. -- Die früher erwähnte Abstimmungstabelle von Arldt über die Existenz der Landbrücken, die auch die Brücke über die Beringstraße berücksichtigt, zeigt, daß hier Landverbindung vermutlich schon im Perm und im Jura, mit Sicherheit aber vom Eozän bis ins Quartär hinein bestanden hat. Die heutige Trennung durch den flachen Schelf des Beringmeeres ist also sehr jungen Alters.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003